Gericht | FG Berlin-Brandenburg 10. Senat | Entscheidungsdatum | 09.02.2017 | |
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Aktenzeichen | 10 K 10165/14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen |
Der Zerlegungsbescheid vom 4. September 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2014 wird aufgehoben.
Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.
Die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen werden nicht erstattet.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Die Beteiligten streiten über die Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags 2011 der Beigeladenen.
Die Beigeladene ist Organträgerin mit verschiedenen Organgesellschaften. Die Organschaft wurde im Jahr 2010 begründet. An der Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags sind eine Vielzahl von Gemeinden beteiligt, so auch die Klägerin. Im Jahr 2011 verzichteten Gläubigerbanken der Beigeladenen auf Darlehensforderungen in Höhe von rund
27 Mio. Euro. Diese Summe ist im Gewerbeertrag von 12.657.462 Euro enthalten. Ohne den Verzicht wäre im Jahr 2011 ein negativer Gewerbeertrag in zweistelliger Millionenhöhe angefallen.
Der Beklagte beteiligte mit Bescheid vom 4. Februar 2013 alle Betriebsstättengemeinden auf der Grundlage der Regelzerlegung nach § 29 Abs. 1 Nr. 1 des Gewerbesteuergesetzes (GewStG). Dagegen legte die Beigeladene Einspruch ein, den sie damit begründete, dass der Organverbund ohne den im Gewerbeertrag berücksichtigten sog. Sanierungsgewinn, der vollständig auf sie, die Beigeladene, die nur in C… ansässig sei, entfalle, einen Verlust erwirtschaftet hätte. Deshalb sei der gesamte Gewerbesteuermessbetrag der Betriebsstätte in C… zuzuordnen. Im Ergebnis dieser geänderten Zuordnung würde den Gemeinden der anderen Betriebsstätten der gleiche Anteil am Gewerbesteuermessbetrag zugewiesen, wie er ohne die Entstehung des Sanierungsgewinns zugewiesen worden wäre.
Der Beklagte änderte daraufhin den Zerlegungsbescheid mit dem hier angefochtenen Bescheid vom 4. September 2013 in der Weise, dass der gesamte Gewerbesteuermessbetrag des Jahres 2011 der Gemeinde C… zugeordnet wurde, so dass auf die übrigen beteiligten Gemeinden jeweils ein Anteil von 0 Euro entfiel. Gegen diesen Bescheid legte nunmehr – neben vier weiteren Gemeinden – die Klägerin Einspruch ein. Drei der anderen Gemeinden nahmen ihre Einsprüche noch im Jahre 2013 zurück. Eine weitere Gemeinde stimmte nachträglich der abweichenden Zerlegung zu.
Die Klägerin vertrat die Auffassung, dass die abweichende Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG nicht sachgerecht und unbillig sei. Ein atypischer Sachverhalt, der die tatsächlichen Verhältnisse bei Anwendung der Regelzerlegung nicht widerspiegele, liege nicht vor. Der Beklagte wies den Einspruch der Klägerin mit Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2014 als unbegründet zurück.
Die Klägerin trägt vor, dass der Zweck der Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags darin bestehe, sicherzustellen, dass ein gewerbesteuerpflichtiges Unternehmen in allen Kommunen, in denen es sich betrieblich betätigt, zur Tragung der Kosten herangezogen werde, die den Gemeinden durch die Tätigkeit entstünden. Aus der Heranziehung der Arbeitslöhne als dem grundlegenden Zerlegungsmaßstab des § 29 Abs. 1 Nr. 1 GewStG folge, dass die Arbeitnehmerfolgekosten nach der Vorstellung des Gesetzgebers vor allem durch die Arbeitnehmer einer Betriebsstätte entstünden. Die Regelzerlegung sei ein einfaches und grobes Verfahren, mit dem der Gesetzgeber Ungenauigkeiten bewusst und gewollt in Kauf genommen habe. Von der Regelzerlegung sei nur dann abzuweichen, wenn sie zu einem offenbar unbilligen Ergebnis führe. Die Sanierung eines Unternehmens sei zwar möglicherweise ein atypischer Umstand, rechtfertige aber nicht das Abweichen von der Regelzerlegung. Die Anwendung der besonderen Zerlegung nach § 33 Abs. 1 GewStG habe einerseits nicht die Intention, den Kreis der bei der Zerlegung zu berücksichtigenden Gemeinden zu vergrößern; andererseits dürften dadurch aber auch nicht nach dem Regelmaßstab eigentlich in die Zerlegung einzubeziehende Gemeinden von der Beteiligung ausgeschlossen werden.
Die Klägerin räumt ein, dass ein Sanierungsgewinn nicht ein regulär erwirtschafteter Ertrag sei. Nach der Streichung des § 3 Nr. 66 des Einkommensteuergesetzes (EStG) a.F. seien Sanierungsgewinne jedoch nicht mehr steuerbefreit. Die Entscheidung darüber, ob auf Gewerbesteuern, die auf einem Sanierungsgewinn beruhten, aus Billigkeitsgründen verzichtet werde, stehe dem Beklagten nicht zu. Der Beklagte versuche aber, genau dies mit der abweichenden Zerlegung zu erzwingen. Er verkenne dabei, dass ihr, der Klägerin, dadurch die Möglichkeit genommen werde, eigenständig über eine solche Billigkeitsmaßnahme zu entscheiden.
Verlagerungen aufgrund einer Organschaft können nach Ansicht der Klägerin ebenso wenig zur Anwendung des § 33 Abs. 1 GewStG führen, da die Folgen der Organschaft im Ergebnis nicht durch abweichende Zerlegung rückgängig gemacht werden können. Wenn sich das Gewerbesteueraufkommen infolge der Organschaft verlagere, handele es sich um eine von dem Gesetzgeber gebilligte Rechtsfolge, die eine Abkehr vom allgemeinen Zerlegungsmaßstab nicht rechtfertige. Organgesellschaften gälten als Betriebsstätten des Organträgers, so dass Organträger und Organgesellschaften wie ein einheitliches Unternehmen zu behandeln seien. Bei einem einheitlichen Unternehmen komme es gerade nicht darauf an, ob eine Betriebsstätte wert-, ertrags-, gewinn- oder lohnintensiver sei als eine andere Betriebsstätte. Ein Sanierungsgewinn sei nur eine besondere Form des Gewinns einer Betriebsstätte. Auch wenn ein solcher nur bei dem Organträger anfalle, sei die Regelzerlegung anzuwenden.
Die Klägerin meint, dass das Entstehen eines Sanierungsgewinns einer Veräußerung vergleichbar sei. Bei Veräußerungsgewinnen sei der Regelmaßstab anzuwenden, obwohl diese durch die Realisation stiller Reserven bestimmter Betriebsstätten entstünden und obwohl es sich dabei um ein einmaliges Ereignis handele, das sich aufgrund besonderer finanzieller Verhältnisse beim jeweiligen Unternehmen bzw. bei der jeweiligen Betriebsstätte ergebe. Der Beklagte hat nach Auffassung der Klägerin Besonderheiten zugrunde gelegt, diese bei Anwendung des abweichenden Maßstabs nach § 33 Abs. 1 GewStG jedoch nicht sachgerecht gewürdigt. Für die Beurteilung komme es gerade nicht darauf an, dass der Sanierungsgewinn vororganschaftlich ausgelöst worden sei und vollständig auf die nur in C… ansässige Beigeladene entfalle. Die Etablierung der Organschaft sei Teil der Sanierungsbemühungen. Erst durch den Verzicht der Gläubiger im Erhebungszeitraum sei der Sanierungsgewinn entstanden. Die mit den Sanierungsmaßnahmen entstandenen steuerlichen Folgen seien jedoch keine atypischen Vorgänge.
Die Klägerin beantragt,
den Zerlegungsbescheid vom 4. September 2013 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 16. Mai 2014 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er macht – wie bereits in der Einspruchsentscheidung – geltend, dass der Sanierungsgewinn nicht ein regulär erwirtschafteter Ertrag sei, der ggf. zu einer Wert-, Ertrags- und Gewinnverschiebung und damit zu einer Verlagerung des Gewerbesteueraufkommens führen würde, was bei der Zerlegung des einheitlichen Gewerbesteuermessbetrags nicht zu beachten wäre. Hier sei ein Abweichen von der Regelzerlegung unabdingbar, weil ein Ausnahmetatbestand vorliege, der zu einem offensichtlich unbilligen Ergebnis führe. Dies gelte besonders in Anbetracht der Höhe des Sanierungsgewinns. Damit solle das Organschaftsverhältnis nicht rückgängig gemacht werden, denn die regulär erzielten Gewinne und Verluste unterlägen – auch zukünftig – der Regelzerlegung. Dies mache sich im Streitjahr nur deshalb nicht bemerkbar, weil ohne den Sanierungsgewinn ein Verlust erwirtschaftet worden wäre. § 33 GewStG, der ein Abweichen von der Regelzerlegung ermögliche, sei gerade für Fälle wie den hier vorliegenden geschaffen worden.
Der Beklagte weist darauf hin, dass der Gemeinde C… durch die abweichende Zerlegung kein ungerechtfertigter Vorteil entstehe. Aufgrund einer verbindlichen Auskunft vom 25. August 2009 sei der Beigeladenen zugesichert worden, den im Rahmen der Sanierung anfallenden Gewinn zunächst vollständig mit vorhandenen Verlustvorträgen zu verrechnen. Sollte sich anschließend noch eine Gewerbesteuerbelastung ergeben, werde diese, dem Schreiben des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) vom 27. März 2003 folgend, erlassen. Das Ergebnis der besonderen Zerlegung im Zusammenspiel mit der von der Gemeinde C… zugesagten Billigkeitsmaßnahme bestehe darin, dass im Ergebnis alle beteiligten Gemeinden genauso behandelt würden, als wenn im Streitjahr kein Sanierungsgewinn, sondern im Organkreis ein Verlust in Millionenhöhe angefallen wäre. Dann hätte ebenfalls keine der beteiligten Gemeinden einen Anteil an der Gewerbesteuer – in Ermangelung des Entstehens – zugewiesen bekommen.
Die Klägerin erwidert darauf, dass das BMF-Schreiben vom 27. März 2003 nur die Finanzverwaltung, nicht aber sie, die Klägerin, binde. Dieses Schreiben stelle eine vom Willen des Gesetzgebers abweichende Billigkeitsregelung dar. Nach dem Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung sei jede abweichende Handhabung ausgeschlossen, insbesondere dann, wenn unter dem Mantel der Billigkeitsentscheidung mit genereller Anordnung daraus eine Ermessenreduzierung auf Null hergeleitet werde.
Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung angegeben, dass er nicht sagen könne, ob der Gemeinde C… durch die Beigeladene erhöhte Arbeitnehmerfolgekosten entstanden seien.
1. Der Senat kann in der Sache entscheiden, obwohl die Beigeladene nicht zur mündlichen Verhandlung erschienen ist, denn in der Ladung ist gemäß § 91 Abs. 2 FGO ausdrücklich darauf hingewiesen worden, dass beim Ausbleiben eines Beteiligten auch ohne ihn verhandelt und entschieden werden kann
2. Die neben der Klägerin und dem Beklagten ursprünglich an der Zerlegung beteiligten Gemeinden waren nicht zu dem Verfahren beizuladen. Im Zerlegungsverfahren sind diejenigen Beteiligten zum Verfahren notwendig beizuladen, die vom Klagebegehren berührt werden. Ihnen gegenüber kann die Entscheidung nur einheitlich ergehen. Eine Gemeinde ist zum Verfahren notwendig beizuladen, wenn ihr in dem angefochtenen Zerlegungsbescheid ein Anteil am Steuermessbetrag zugeteilt worden ist oder wenn sie eine solche Zuteilung beansprucht (Urteil des Bundesfinanzhofes [BFH] vom 12. Mai 1992 – VIII R 45/90, BFH/NV 1993, 191, unter II.1.b) der Gründe).
3. Die Klage ist zulässig und begründet. Die abweichende Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags nach § 33 Abs. 1 GewStG ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
a) Sind im Erhebungszeitraum – wie im Streitfall – Betriebsstätten zur Ausübung des Gewerbes in mehreren Gemeinden unterhalten worden, so ist der einheitliche Steuermessbetrag in die auf die einzelnen Gemeinden entfallenden Anteile (Zerlegungsanteile) zu zerlegen (vgl. § 28 Abs. 1 Satz 1 GewStG). Zerlegungsmaßstab ist nach § 29 Abs. 1 Nr.1 GewStG regelmäßig das Verhältnis, in dem die Summe der Arbeitslöhne, die an die bei allen Betriebsstätten (vgl. § 28 GewStG) beschäftigten Arbeitnehmer bezahlt worden sind, zu den Arbeitslöhnen steht, die an die bei den Betriebsstätten der einzelnen Gemeinden beschäftigten Arbeitnehmer gezahlt worden sind. § 29 Abs. 2 GewStG bestimmt, dass bei der Zerlegung die Arbeitslöhne anzusetzen sind, die in den Betriebsstätten der beteiligten Gemeinden während des Erhebungszeitraums gezahlt worden sind.
Die Gewerbesteuer soll den Gemeinden einen gewissen Ausgleich für die Lasten bieten, die ihnen durch die Unternehmen verursacht werden (BFH in BFH/NV 1993, 191, unter II.2.e) der Gründe). Das Gewerbesteuergesetz sieht dazu eine "Zerlegung nach Maßgabe der Arbeitnehmerfolgelasten" vor (BFH-Urteil vom 25. November 2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 941, unter II.5.b)bb) der Gründe). Die Gemeinden sollen also gerade im Hinblick auf die Lasten, die ihnen durch die Ansässigkeit der Arbeitnehmer einer Betriebsstätte auf ihrem Gebiet erwachsen – das sind z.B. Aufwendungen für den Bau von Straßen, Schulen, Krankenhäusern und Altersheimen (Hessisches FG, Urteil vom 6. April 2005 – 8 K 5273/00, juris; Niedersächsisches FG, Urteil vom 3. Juli 2003 – 11 K 111/99, Deutsches Steuerrecht – Entscheidungsdienst [DStRE] 2004, 471) – am Gewerbesteueraufkommen beteiligt werden (Trossen, Deutsche Steuer-Zeitung [DStZ] 2006, 836).
Führt die Zerlegung nach den §§ 28 bis 31 GewStG zu einem offenbar unbilligen Ergebnis, so ist nach einem Maßstab zu zerlegen, der die tatsächlichen Verhältnisse besser berücksichtigt.
Nach ständiger Rechtsprechung rechtfertigt jedoch nicht jede offenbare Unbilligkeit, die sich aus dem Maßstab des § 29 GewStG i.V.m. § 31 GewStG ergibt, den einheitlichen Gewerbesteuermessbetrag nach einem abweichenden Maßstab zu zerlegen. Vielmehr darf dies nur geschehen, wenn die offenbare Unbilligkeit von erheblichem Gewicht ist. Ein besonderer Fall i.S. des § 33 GewStG liegt deshalb nur vor, wenn aufgrund der atypischen Umstände des Einzelfalls die sich aus dem groben Maßstab des § 29 GewStG allgemein ergebende Unbilligkeit offensichtlich übertroffen wird (BFH-Urteile vom 16. Dezember 2009 – I R 56/08, Bundessteuerblatt [BStBl.] II 2010, 492, unter B.II.4.a) der Gründe; vom 25. November 2009 – I R 18/08, BFH/NV 2010, 941, unter II.5.a) der Gründe), die benachteiligenden Auswirkungen einer Zerlegung nach den §§ 28 bis 31 GewStG also von wesentlicher Bedeutung sind (BFH-Beschluss vom 19. Juni 2006 – I B 171/05, BFH/NV 2006, 1692).
Der Gesetzgeber hat mit der Regelzerlegung in § 29 GewStG bewusst und gewollt ein einfaches und rohes Verfahren gewählt und damit Unstimmigkeiten und Unbilligkeiten im Einzelfall in Kauf genommen. Die Vorschrift des § 33 Abs. 1 Satz 1 GewStG über die Zulassung eines von der Regelzerlegung abweichenden Zerlegungsmaßstabes zur Vermeidung von offenbar unbilligen Ergebnissen ist daher eine eng auszulegende Ausnahmevorschrift. Die klare, einfache und insofern auch gewollt rohe Regelzerlegung nach dem Verhältnis der Arbeitslöhne verzichtet bewusst auf die Berücksichtigung von Besonderheiten, durch die sich der Einzelfall vom Normalfall unterscheidet. Nur wenn an diesem Ausgangspunkt, dass die Summe der in einer Betriebsstätte gezahlten Arbeitslöhne der Gradmesser für die der Betriebsstättengemeinde entstehenden Belastungen ist, festgehalten wird, ist das Zerlegungsverfahren überhaupt praktikabel (BFH-Urteil vom 9. Oktober 1975 – IV R 114/73, BStBl. II 1976, 123, m.w.N.).
Organverhältnisse lassen indessen die Anwendung des § 29 Nr.1 GewStG grundsätzlich unberührt. Nach § 2 Abs. 2 Satz 2 GewStG gilt eine Organgesellschaft als Betriebsstätte des Organträgers. Für die Zerlegung sind Organträger und Organgesellschaft wie ein einheitliches Unternehmen zu behandeln. Treten bei der Begründung von Organverhältnissen Verlagerungen im Aufkommen an Gewerbesteuer bei den Gemeinden auf, so handelt es sich um eine vom Gesetzgeber gebilligte Rechtsfolge, die nicht dazu führen kann, den Regelmaßstab für die Zerlegung beiseite zu schieben. Das Organschaftsverhältnis kann nicht durch eine abweichende Zerlegung wieder rückgängig gemacht werden, zumal über dessen Bestehen verbindlich im Messbetragsverfahren entschieden worden ist (BFH-Urteil in BFH/NV 1993, 191, unter II.2.e) der Gründe).
b) In der Rechtsprechung ist die Anwendung eines abweichenden Zerlegungsmaßstabs bislang nur außerordentlich zurückhaltend für richtig gehalten worden.
aa) So wird der Zerlegungsmaßstab des § 29 GewStG zutreffend als ungeeignet angesehen, wenn überhaupt keine Arbeitslöhne gezahlt werden (BFH-Urteil vom 4. April 2007 – I R 23/06, BStBl. II 2007, 836, unter II.3.b) der Gründe).
bb) Eine Unbilligkeit, die zur Anwendung des § 33 GewStG führt, wird angenommen, wenn einer Gemeinde unmittelbar durch die in ihrem Gebiet befindliche Betriebsstätte wesentliche und atypische Lasten entstehen (Trossen, DStZ 2006, 836, 838). Das ist nach der Rechtsprechung der Fall, wenn durch das Vorhandensein einer Betriebsstätte einer Gemeinde zwar keine mit der Ansässigkeit von Arbeitnehmern verbundenen Folgekosten, sondern Lasten anderer Art entstehen, die im Rahmen der Zerlegung nicht berücksichtigt werden können (BFH in BStBl. II 2007, 836, unter II.3.c)aa) der Gründe).
cc) Ebenso kann eine Unbilligkeit gegeben sein, wenn eine Gemeinde zwar Arbeitnehmerfolgekosten zu tragen hat, die gerade mit ihrem Anteil am Gewerbesteuermessbetrag ausgeglichen werden sollen, aber nach dem Regelzerlegungsmaßstab auf sie kein oder ein nur geringer Anteil entfällt, weil das gewerbliche Unternehmen nicht mit eigenen Arbeitnehmern, sondern ganz oder überwiegend mit Leiharbeitnehmern arbeitet (Niedersächsisches FG, Urteil vom 3. Juli 2003 – 11 K 111/99, DStRE 2004, 471).
dd) Demgegenüber hat der BFH deutlich ausgesprochen, dass das Betriebsstättenergebnis kein sachgerechter Maßstab für die Zerlegung oder für eine Unbilligkeit einer Zerlegung nach Maßgabe der Arbeitnehmerfolgelasten ist, weil dieses Ergebnis nur zufällig entsprechende gemeindliche Lasten, die der ausschlaggebenden Faktor für die Zerlegung sind, widerspiegelt (BFH in BFH/NV 2010, 941, unter II.5.b)bb) der Gründe). Daran ändert auch nichts der Umstand, dass die Gewerbesteuer zu Lasten des sog. Objektsteuercharakters zunehmend Elemente einer Ertragsteuer angenommen hat. Dies muss sich nicht sachnotwendig auf das Zerlegungsverfahren auswirken. Der erkennende Senat orientiert sich insoweit vielmehr – der Rechtsprechung des BFH folgend (BFH in BFH/NV 2010, 941, unter II.5.b)cc) der Gründe) – an dem unveränderten Regelungsgehalt des § 29 GewStG.
c) Nach diesen Maßgaben kommt hier eine abweichende Zerlegung des Gewerbesteuermessbetrags gemäß § 33 GewStG nicht in Betracht.
Der Beklagte hat insbesondere nichts dafür dargetan, dass der Gemeinde C…, der abweichend von der Regelzerlegung der gesamte Gewerbesteuermessbetrag zugewiesen werden soll, durch die Ansässigkeit der Beigeladenen andere als die mit der Ansässigkeit von Arbeitnehmern verbundenen Folgekosten entstanden wären, die im Rahmen der Zerlegung nicht berücksichtigt werden können (dazu oben 2.b; zu den insoweit bestehenden Nachweispflichten Trossen, DStZ 2006, 836, 839). Auch hat der Beklagte nicht vorgetragen, dass die Gemeinde C… Arbeitnehmerfolgekosten zu tragen hätte, die sich in dem Regelzerlegungsansatz nicht hinreichend widerspiegeln.
Der Beklagte stellt vielmehr ausschließlich und nach Auffassung des erkennenden Senats in unzulässiger Weise darauf ab, dass der Sanierungsgewinn allein bei der Beigeladenen, die in C… ansässig ist, entstanden ist. Das Betriebsstättenergebnis ist aber für die Frage der Beteiligung der verschiedenen Gemeinden an der Gewerbesteuer im Hinblick auf die Arbeitnehmerfolgelasten gerade kein sachgerechter Aufteilungsmaßstab (vgl. oben unter 3.b)dd)).
4. Die Kostenentscheidung folgt aus § 135 FGO.
Etwaige außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind weder dem Beklagten noch der Staatskasse aufzuerlegen, weil dies nicht der Billigkeit entspricht (vgl. § 139 Abs. 4 FGO). Eine Billigkeitsentscheidung wäre nur dann in Betracht gekommen, wenn die Beigeladenen einen Sachantrag gestellt hätten, weil sie dann auch das Risiko getragen hätten, zu unterliegen und mit Kosten belastet zu werden.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 151 FGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 10, 711 der Zivilprozessordnung (ZPO).