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Statthaftigkeit der Berufung - Wert des Beschwerdegegenstandes - Beschränkung des Streitgegenstandes in zeitlicher Hinsicht - Bewilligungsabschnitt - Alg II - unzulässige Klageerweiterung - fehlerhafte Rechtsmittelbelehrung


Metadaten

Gericht LSG Berlin-Brandenburg 28. Senat Entscheidungsdatum 12.12.2011
Aktenzeichen L 28 AS 1451/11 ECLI
Dokumententyp Beschluss Verfahrensgang -
Normen § 144 Abs 1 SGG, § 158 SGG, § 41 SGB 2

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. Juni 2011 wird als unzulässig verworfen.

Außergerichtliche Kosten sind für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Mit Bescheid vom 4. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2008 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Zeit vom 1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008 in Höhe von (iHv) monatlich 580,60 EUR und berücksichtigte dabei einen Zuschuss nach § 26 SGB II zur Krankenversicherung iHv 118,31 EUR sowie zur Pflegeversicherung iHv 15,29 EUR.

Hiergegen hat der Kläger am 7. Juli 2008 bei dem Sozialgericht Potsdam Klage erhoben, gerichtet auf die vollständige Übernahme des von ihm monatlich zu zahlenden Betrags für seine private Krankenversicherung iHv 176,94 EUR. Mit Schriftsatz vom 27. März 2010 hat er seine Klage auf „alle ergangenen Bescheide vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2009 über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II“ erweitert. Mit Urteil vom 21. Juni 2011 hat das Sozialgericht Potsdam den Beklagten verurteilt, an den Kläger in Abänderung des Bescheides vom 4. April 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2008 für die Monate Juli bis Oktober 2008 einen um monatlich 2,25 EUR höheren Zuschuss zu seiner privaten Pflegeversicherung zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen und zur Begründung ausgeführt, dass die ursprünglich erhobene Klage zulässig und im tenorierten Umfang begründet sei. Die Klageerweiterung sei unzulässig. Der Beklagte habe der Klageänderung widersprochen. Mangels Vorliegen der Prozessvoraussetzungen sei sie auch nicht sachdienlich im Sinne des § 99 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG). Für die Zeiträume von Januar 2005 bis April 2008 und November 2008 bis April 2009 sei die neue Klage unzulässig, weil die für diese Zeiträume erlassenen Bescheide bestandskräftig seien.

Gegen das ihm am 20. Juli 2011 zugestellte Urteil hat der Kläger mit am 25. Juli 2011 bei dem Sozialgericht Potsdam eingegangenen Schriftsatz vom 22. Juli 2011 „Beschwerde wegen Unrichtigkeiten des Tatbestands“ eingelegt. Am 9. August 2011 hat der Kläger bei dem Landessozialgericht Berlin-Brandenburg Berufung gegen das Urteil eingelegt mit dem Begehren, den Beklagten zur Zahlung der vollständigen Vermögensdisposition iHv 943 EUR zu verurteilen.

Das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg hat mit Beschluss vom 17. Oktober 2011 (L 28 AS 1435/11 B) die Beschwerde des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam als unzulässig verworfen. Die Beschwerde gemäß § 172 Abs. 1 SGG finde gegen Urteile des Sozialgerichts nicht statt. Für die Entscheidung über die Berichtigung des Tatbestands nach § 139 SGG oder eine Ergänzung des Urteils nach § 140 SGG sei das Landessozialgericht nicht zuständig.

II.

Die form- und fristgerecht (§ 151 SGG) erhobene Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Potsdam vom 21. Juni 2011 ist nicht statthaft und war daher gemäß § 158 Satz 1 SGG als unzulässig zu verwerfen. Die Entscheidung kann durch Beschluss ergehen (§ 158 Satz 2 SGG). Die Beteiligten sind hierzu mit gerichtlichem Schreiben vom 4. November 2011 gehört worden.

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossen, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes den Betrag von 750 EUR nicht übersteigt (§ 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG) und die Berufung auch nicht wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Der Wert des Beschwerdegegenstandes ist danach zu bestimmen, was das Sozialgericht dem Kläger versagt hat und was von diesem mit seiner Berufung weiterverfolgt wird (vgl. Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 9. Auflage, vor § 143 Rn. 6 und § 144 Rn. 14).

Hiernach ist für den Wert des Beschwerdegegenstandes ein Betrag von 255,00 EUR zu bestimmen, der sich aus der Differenz zwischen den vom Kläger für die Monate Mai bis Oktober 2008 geforderten Zuschüssen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung (2x176,94 + 4x177,93 = 1065,60 EUR) und dem vom Beklagten mit Bescheid vom 4. April 2008 bewilligten (6x133,60 = 801,60 EUR) und vom Sozialgericht im Urteil vom 21. Juni 2011 zugesprochenen Beträgen (4x2,25 = 9,00 EUR) errechnet.

Die vom Kläger im Wege der Klageerweiterung auch für Zeiträume vor und nach dem im Bescheid vom 4. April 2008 verlautbarten Bewilligungsabschnitt (1. Mai 2008 bis 31. Oktober 2008) geforderten Zuschüsse sind dagegen nicht bei der Bestimmung des Werts des Beschwerdegegenstandes zu berücksichtigen. Denn § 41 SGB II beschränkt den Streitgegenstand in Rechtsstreitigkeiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende in zeitlicher Hinsicht auf die Dauer von sechs bzw. maximal zwölf Monate. Die Beschwer ist daher durch den Bewilligungszeitraum begrenzt (vgl. BSG, Beschluss vom 30. Juli 2008, B 14 AS 7/08 B; Sächsisches LSG, Beschluss vom 26. April 2010, L 7 AS 125/10 B ER, mwN; beide juris). Dieser Grundsatz wird auch nicht durch die Klageerweiterung durchbrochen, denn die Erweiterung der Klage ist unzulässig. Der Senat nimmt insoweit auf die Ausführungen in dem angefochtenen Urteil Bezug (§ 142 Abs. 2 Satz 3 SGG). Daher bedarf es keiner Entscheidung, ob der Kläger die Klage nur erweitert hat, um die Berufungsfähigkeit zu erreichen (siehe dazu Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 144 Rn. 14a).

Das Sozialgericht Potsdam hat die Berufung entgegen der Annahme des Klägers auch nicht zugelassen. Eine solche Entscheidung ist - auch ausweislich der Sitzungsniederschrift vom 21. Juli 2011 - weder verkündet noch in dem schriftlich abgefassten Urteil ausgesprochen worden. Aus der Rechtsmittelbelehrung des angefochtenen Urteils ergibt sich nur, dass das Sozialgericht - irrtümlich - meinte, einer Zulassung der Berufung bedürfe es nicht, da diese ohnehin statthaft sei. Dieser Irrtum des Sozialgerichts führt aber ebenso wenig zur Zulassung und Zulässigkeit der Berufung wie die von ihm folgerichtig fehlerhaft erteilte Rechtsmittelbelehrung (vgl. LSG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 24. Januar 2006, L 12 AL 77/05, juris; Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, aaO, § 144 Rn. 38 bis 40).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.

Gründe für die Zulassung der Revision nach § 160 Abs. 2 SGG liegen nicht vor.