Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 11. Senat | Entscheidungsdatum | 30.10.2013 | |
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Aktenzeichen | OVG 11 S 3.13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 64 BNatSchG, § 63 BNatSchG, § 67 BNatSchG, § 6 LuftVG, § 16 LuftVG, § 28 LuftVG, § 48 Abs 1 VwGO, § 80 VwGO, § 80a VwGO, § 65 NatSchG BB Fassung bis 31. Mai 2013, § 63 NatSchG BB Fassung bis 31. Mai 2013 |
Die aufschiebende Wirkung der Klage des Antragstellers gegen den Bescheid vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 wird wieder hergestellt.
Die Kosten des Verfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen tragen der Antragsgegner und die Beigeladene jeweils zur Hälfte.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 7.500 EUR festgesetzt.
I.
Der Antragsteller, ein im Land Brandenburg anerkannter Naturschutzverband, begehrt vorläufigen Rechtsschutz gegen eine der Beigeladenen erteilte Befreiung von den Verboten der Rechtsverordnung über das Landschaftsschutzgebiet „N...“, deren sofortige Vollziehbarkeit der Antragsgegner unter dem 13. Juni 2012 angeordnet hat.
Die Beigeladene ist Betreiberin des im Landschaftsschutzgebiet gelegenen Verkehrslandeplatzes (VLP) S..., der auf der Grundlage des Planfeststellungsbeschlusses vom 9. September 2005 in der Fassung des gerichtlichen Vergleichs vom 22. Juni 2006 als regionaler Landeplatz insbesondere für die Anforderungen des gewerblichen Verkehrs ausgebaut wurde. Am 2. August 2006 beantragte die Beigeladene die Erweiterung des Betriebs von bisher nur Sichtflug (VFR) auf nunmehr auch Instrumentenflugbetrieb (satellitengestütztes Nichtpräzisionsanflugverfahren nach GPS; IFR). Nach Feststellung der Wesentlichkeit der Änderung durch die zuständige Gemeinsame Obere Luftfahrtbehörde Berlin-Brandenburg (LuBB) im Dezember 2007 wurde ein entsprechendes Änderungsgenehmigungsverfahren gem. § 6 Abs. 4 LuftVG eingeleitet, Ende April 2010 reichte die Beigeladene die vollständigen Antragsunterlagen ein.
Bereits im März bzw. August 2009 hatte die Beigeladene unter Hinweis darauf, dass die Durchführung des beantragten Instrumentenflugbetriebs auf dem Landeplatz die Herstellung der Hindernisfreiheit auf zahlreichen umliegenden bewaldeten Flächen erforderlich mache, die Genehmigung zur zeitweiligen Umwandlung von Wald in eine andere Nutzungsart beim zuständigen Landesbetrieb Forst Brandenburg beantragt. Diese wurde ihr mit Bescheid vom 24. Februar 2010 für im Einzelnen aufgelistete Flächen im Gesamtumfang von 34,0972 ha erteilt. Weitere im maßgeblichen Bereich gelegene Flächen (insbesondere die Flurstücke der Flur und Flurstücke der Flur der Gemarkung A..., Flurstücke und der Flur der Gemarkung S...) waren nicht umfasst. Die Genehmigung „zur zeitweiligen Umwandlung von Wald in Verkehrsfläche Flugplatz (Hindernisfreifläche …) für die Dauer von einem Jahr“ wurde (u.a.) unter den aufschiebenden Bedingungen erteilt, dass mit den Fällarbeiten erst begonnen werden dürfe, wenn die erforderliche Änderung der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG für die Einführung des Instrumentenanflugbetriebes und die Befreiung von den Verboten der Verordnung über das Landschaftsschutzgebiet „N...“ vorlägen. Der Beginn sei spätestens 20 Monate nach Bestandskraft des Bescheides zu vollziehen, eine einmalige Verlängerung um höchstens 24 Monate sei möglich. Auf den entsprechenden Antrag der Beigeladenen vom 24. Juli 2012 wurde die Frist zum Beginn des Vollzugs der zeitweiligen Waldumwandlung mit Bescheid vom 25. September 2012 um 24 Monate verlängert.
Im November 2010 beantragte die Beigeladene die Befreiung von den Verboten der Landschaftschutzgebietsverordnung für die zur Schaffung der Hindernisfreiheit erforderliche Abholzung von Waldflächen in einer Gesamtgröße von 36,2 ha. In den mit dem Antrag vorgelegten Auflistungen der einzubeziehenden Flurstücke finden sich - mit Ausnahme des Flurstücks der Flur der Gemarkung S... - auch die o.g., in die waldrechtliche Genehmigungen nicht einbezogenen Flächen von Eigentümern, die keine Zustimmung zu dem Vorhaben erteilt hatten. Mit Bescheid vom 19. Januar 2012 erteilte der Antragsgegner die begehrte Befreiung „für die Abholzung von 36,2 ha gemäß der in den Antragsunterlagen enthaltenen Flurstücksauflistung unter Einhaltung von Nebenbestimmungen und Hinweisen vorbehaltlich der Zustimmung der Eigentümer“. Gemäß der unter Ziff. 2.1 enthaltenen aufschiebenden Bedingung darf mit den Fällarbeiten erst begonnen werden, wenn die erforderliche Änderung der Betriebsgenehmigung nach § 6 LuftVG für die Einführung des Instrumentenflugbetriebs (inklusive der Entscheidung zur Verträglichkeit des Vorhabens entsprechend der Vorschriften zu den Natura-2000-Gebieten) vorliegt; mit den Fällarbeiten auf den einbezogenen Flächen ohne Eigentümerzustimmung darf gem. Ziff. 2.4 erst nach Vorlage entsprechender Genehmigungen/Anordnungen zur befristeten oder dauerhaften Beseitigung von Forst nach dem Landeswaldgesetz begonnen werden. Zur Begründung wird ausgeführt, dass die Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatSchG wegen des überwiegenden öffentlichen Interesses an der Einführung des Instrumentenanflugbetriebes erteilt werden könne. Die Bedingung der Vorlage einer Genehmigung nach Lufterkehrsgesetz stelle sicher, dass die Befreiung bzw. der Maßnahmebeginn auszusetzen sei, „bis eine rechtlich gesicherte klare Entscheidung für einen dauerhaften IFR-Flugbetrieb in S...“ bestehe. Insbesondere sei die Umsetzbarkeit des Vorhabens unter der Maßgabe zu prüfen, dass wegen fehlender Zustimmung der Grundstückseigentümer auf ca. 6 ha die erforderliche Hindernisfreiheit nicht hergestellt werden könne. Die großflächigen Kahlschläge seien unzulässig, wenn damit das Vorhabensziel des Instrumentenanflugs nicht erreichbar sei.
Den dagegen erhobenen Widerspruch (u.a.) des Antragstellers, zu dessen Begründung er auf ein fehlendes öffentliches Interesse an der Einführung des Instrumentenflugbetriebs und die Untauglichkeit der Nebenbestimmungen zur Vermeidung von Beeinträchtigungen des SPA-Gebietes N... durch den Instrumentenflugbetrieb verwies sowie ausführte, dass die erforderliche Hindernisfreiheit wegen der fehlenden Zustimmung von Flächeneigentümern (insbesondere derjenigen des Flurstücks der Flur der Gemarkung S...) nicht vollständig herstellbar und damit das Vorhaben insgesamt nicht umsetzbar sei, wies der Antragsgegner mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juni 2012 zurück. Unter demselben Datum ordnete er auf entsprechenden Antrag der Beigeladenen hin die sofortige Vollziehbarkeit des Bescheides an.
Ebenfalls am 13. Juni 2012 erging der Bescheid der LuBB, mit dem diese unter Änderung der bestehenden Genehmigung des Verkehrslandeplatzes S... die Durchführung von Instrumentenflugbetrieb auf dem Gelände mit Einschränkungen (Ziff. A.9, u.a. zum Schutz des westlich gelegenen SPA-Gebietes) zuließ. Mit Blick auf die erforderliche Herstellung der Hindernisfreiheit gemäß den „Richtlinien über die Hindernisfreiheit für Start- und Landebahnen mit Instrumentenflugbetrieb“ (v. 2. November 2001, NfL I - 328/01) wird unter Ziff. A.28 festgestellt, dass für das genehmigte Vorhaben eine dauerhafte Wuchshöhenbeschränkung (auch) auf der aus dem Grunderwerbsplan vom 24. August 2011 (einschließlich Grunderwerbsverzeichnis) ersichtlichen Teilfläche von ca. 2,9 ha des Flurstücks,Flur, Gemarkung S..., erforderlich sei. Im Übrigen wird (unter Ziff. B.2) darauf hingewiesen, dass - soweit für die Herstellung der Hindernisfreiheit mit Waldeigentümern südlich des Flugplatzes (2,4 ha im Bauschutzbereich nach § 17 LuftVG) und westlich des Flugplatzes (2,9 ha) Einigung erzielt oder Verfügungsbefugnis anderweitig erlangt werden könne - rechtzeitig Anträge an die zuständige Forstbehörde auf Genehmigung von ggf. erforderlichen zeitweiligen oder dauerhaften Waldumwandlungen und hinsichtlich erforderlicher Befreiungen von den Verboten der Landschaftsschutzgebietsverordnung an die Untere Naturschutzbehörde des Landkreises zu richten seien. Über den gegen diesen Bescheid erhobenen Widerspruch des Antragstellers vom 22. Juni 2012 ist - soweit hier bekannt - bisher nicht entschieden. Die sofortige Vollziehbarkeit der Änderungsgenehmigung (§ 6 Abs. 6 Satz 1 LuftVG) hat die zuständige LuBB auf entsprechenden Antrag des Antragstellers und mit Zustimmung der Beigeladenen bis zur Entscheidung im hiesigen Verfahren ausgesetzt.
Zur Begründung seines am 20. Juni 2012 gestellten Antrags auf Wiederherstelllung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen die mit Bescheid vom 19. Januar 2012 erteilte naturschutzrechtliche Befreiung macht der Antragsteller u.a. geltend, dass der „vorbehaltlich der Zustimmung der Eigentümer“ erteilte Bescheid nicht vollzogen werden könne, da verschiedene Eigentümer die Erteilung einer Zustimmung abgelehnt hätten. Da die Waldflächen dieser Eigentümer nahe des Flugplatzes inmitten der vom Flugplatzbetreiber abzuholzenden Flächen lägen und die erforderliche Hindernisfreiheit für den Instrumentenflugbetrieb ohne ihre Abholzung nicht geschaffen werden könne, könne auch eine Abholzung von Teilflächen dem Ziel der Schaffung der Hindernisfreiheit nicht dienen. Des Weiteren rügt er insbesondere eine offenkundige Fehlgewichtung des zugunsten der Befreiung angeführten öffentlichen Interesses, da angesichts erheblicher Einschränkungen einerseits wegen des Vorrangs des Verkehrs vom und zum Flughafen BER und andererseits zum Schutz des SPA-Gebietes „N...“ nicht klar sei, ob und in welchem Umfang vom Instrumentenflugbetrieb tatsächlich Gebrauch gemacht werden könne. Weiter liege ein Abwägungsausfall hinsichtlich der erklärtermaßen nicht berücksichtigten Belange privater Dritter und der fehlenden, auch durch die vorgesehenen Vermeidungsmaßnahmen nicht erreichbaren SPA-Verträglichkeit des IFR-Betriebs am Flugplatz S...vor.
Der Antragsgegner rügt die instanzielle Zuständigkeit des angerufenen Oberverwaltungsgerichts und führt in der Sache aus, dass das Vorbringen des Antragstellers keine wesentlich neuen Gesichtspunkte enthalte und bereits im Widerspruchsbescheid ausführlich behandelt worden sei, auf den insoweit verwiesen werde. Die fehlenden Eigentümerzustimmungen stellten entgegen der Auffassung des Antragstellers kein rechtliches, der naturschutzrechtlichen Befreiung und deren sofortiger Vollziehung entgegenstehendes Hindernis dar, da subjektive Rechte privater Dritter nicht Schutzgegenstand der naturschutzrechtlichen Unterschutzstellung oder der naturschutzrechtlich begründeten Befreiungsentscheidung seien. Soweit fehlende Eigentümerzustimmungen der Umsetzung der luftfahrtrechtlichen Genehmigung entgegenstünden, seien diese ggf. durch Duldungsverfügung oder Enteignung überwindbar. Es werde davon ausgegangen, dass dem im Bescheid vom 19. Januar 2012 im Tenor zu Ia) aufgenommenen Zustimmungsvorbehalt für die Eigentümer kein eigenständiger Regelungsgehalt zukomme. Aus der gesamten Regelung lasse sich eine Abhängigkeit der Wirksamkeit der Befreiung von Eigentümerzustimmungen gerade nicht entnehmen.
Die Beigeladene hält das angerufene Gericht für zuständig und beantragt im Übrigen ebenfalls die Ablehnung des Eilrechtsschutzbegehrens. Mit Schriftsatz vom 23. September 2013 hat sie mitgeteilt, dass sie sich nur noch bis zum 31. Oktober 2013 an ihre Erklärung, von der Befreiung vorläufig keinen Gebrauch zu machen, gebunden halte, da ihr durch Zeitablauf der Verlust der bestandskräftig erteilten und nach einmaliger Verlängerung im September 2014 endgültig ablaufenden Waldumwandlungsgenehmigung drohe, wenn sie die Fällarbeiten nicht vor Frühjahr 2014 durchführe.
Für die weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten dieses Verfahrens (ein Band) und des zugehörigen Hauptsacheverfahrens (OVG 11 A 9.13, ein Band) sowie die vom Antragsgegner zu beiden Verfahren vorgelegten Verwaltungsvorgänge (drei Ordner) verwiesen.
II.
Der Eilantrag des Antragstellers, über den gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6, Satz 2 VwGO das Oberverwaltungsgericht im ersten Rechtszug zu entscheiden hat (1.), ist zulässig und im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet (2.).
1. Gem. § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO ist das Oberverwaltungsgericht erstinstanzlich zuständig für sämtliche Streitigkeiten, die das Anlegen, die Erweiterung oder Änderung und den Betrieb von Verkehrsflughäfen und von Verkehrslandeplätzen mit beschränktem Bauschutzbereich betreffen, gem. Satz 2 gilt dies - soweit hier relevant - auch für Streitigkeiten über sämtliche für das Vorhaben erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse.
Es kann dahinstehen, ob die erstinstanzliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts für das hiesige Verfahren sich schon aus der nicht verfahrens-, sondern vorhabenbezogenen Zuständigkeitsbestimmung des § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO ergibt. Denn die hier streitige Befreiung von den Verboten des Landschaftsschutzgebietes für die zur Herstellung der Hindernisfreiheit für den Instrumentenflugbetrieb unabdingbaren Abholzungsmaßnahmen gehört jedenfalls zu den Genehmigungen und Erlaubnissen, die für das - unzweifelhaft von § 48 Abs. 1 Satz 1 Nr. 6 VwGO erfasste - Vorhaben „Einführung von Instrumentenflugbetrieb“ am VLP S... erforderlich sind. Dem steht entgegen der Auffassung des Antragsgegners auch nicht entgegen, dass - u.a. - diese Befreiung im luftverkehrsrechtlichen Änderungsbescheid ausdrücklich ausgenommen und dem Verfahren vor der insoweit zuständigen Unteren Naturschutzbehörde zugewiesen wurde. Denn § 48 Abs. 1 Satz 2 VwGO gewährleistet gerade für diejenigen Tatbestände des Katalogs in Absatz 1 Satz 1, in denen kein Planfeststellungsverfahren mit Konzentrationswirkung (gem. § 75 VwVfG) durchzuführen ist, eine eigene verfahrensrechtliche Konzentrationswirkung und eine einheitliche Zuständigkeit des Oberverwaltungsgerichts.
2. Der gem. § 64 Abs. 3 i.V.m. § 63 Abs. 2 Nr. 8 BNatSchG, § 65 Abs. 1, § 63 Abs. 3 Nr. 6 BbgNatschG (in der bis zum 31. Mai 2013 geltenden Fassung) auch ohne eigene Rechtsverletzung zulässige Antrag des Antragstellers auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung seiner Klage gegen den Bescheid des Antragsgegners vom 19. Januar 2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juni 2012 ist auch begründet.
Inhaltlicher Maßstab der gerichtlichen Entscheidung im vorliegenden Eilverfahren gemäß § 80a Abs. 3, § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO ist eine umfassende Interessenabwägung, deren Gegenstand das Aufschubinteresse des Antragstellers, das öffentliche Interesse sowie das private Interesse der Beigeladenen an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsaktes sind. Im Rahmen dieser Interessenabwägung haben auch Erkenntnisse über die Rechtmäßigkeit oder die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes Bedeutung; allerdings nicht als unmittelbare Entscheidungsgrundlage, sondern als bei Gewichtung des Sofortvollzugsinteresses in die Abwägung einzustellende Gesichtspunkte (st. Rspr. des Senats, z.B. Beschluss v. 15. September 2006 - OVG 11 S 57.06 -, zit. nach juris Rn 2).
Davon ausgehend überwiegt das Interesse des Antragstellers an einer Aussetzung der Vollziehung des Bescheides vom 19. Februar 2012, weil sich der mit den Abholzungsmaßnahmen verfolgte Zweck „Herstellung der Hindernisfreiheit für den Instrumentenflugbetrieb auf dem Flughafen S...“ noch nicht erreichen lässt.
Dabei kann dahinstehen, ob und ggf. inwieweit der vom Antragsgegner im angefochtenen Bescheid formulierte „Vorbehalt der Zustimmung der Eigentümer“ als eine dem Rechnung tragende aufschiebende Bedingung verstanden werden kann oder muss. Denn das für die Erteilung einer Befreiung gem. § 67 Abs. 1 Nr. 1 BNatschG erforderliche überwiegende öffentliche Interesse an den beabsichtigten Abholzungsmaßnahmen auf den im Antrag der Beigeladenen konkret bezeichneten und von der erteilten Befreiung auch nur umfassten Grundstücken besteht - auch nach der Begründung des Bescheids des Antragsgegners - jedenfalls nur dann, wenn die Maßnahmen zur Erreichung des das überwiegende öffentliche Interesse begründenden Zwecks der Herstellung der für den IFR-Betrieb auf dem Flughafen S... erforderlichen Hindernisfreiheit geeignet und erforderlich sind. Davon kann indes nur dann ausgegangen werden, wenn die Erreichbarkeit dieses Ziels rechtlich und tatsächlich hinreichend gesichert ist.
Dies setzt nicht nur voraus, dass die von der Beigeladenen angestrebte Einführung von Instrumentenflugbetrieb am VLP S... als solche zulässig ist. Dem hat der Antragsgegner durch die Aufnahme der an das Vorliegen der luftverkehrsrechtlichen Änderungsgenehmigung für den Instrumentenbetrieb anknüpfenden aufschiebenden Bedingung Rechnung getragen, die ausweislich der diesbezüglichen Begründung im Bescheid vom 19. Februar 2012 sicherstellen soll, dass von der Befreiung erst dann Gebrauch gemacht werden kann, wenn „eine rechtlich gesicherte und klare Entscheidung für einen dauerhaften IFR-Flugbetrieb in S... besteht“.
Im konkreten Fall setzt der angestrebte Instrumentenflugbetrieb in S... weiter voraus, dass die für diese Betriebsart erforderliche Hindernisfreiheit hergestellt werden kann. Diese ist indes bisher nicht gesichert, da die Voraussetzungen für die zu ihrer Herstellung erforderlichen Abholzungsmaßnahmen auf einem Teil der von Hindernissen freizumachenden Flächen derzeit nicht vorliegen und ihre Schaffung nach dem Kenntnisstand dieses Verfahrens auch noch nicht hinreichend konkret absehbar ist. Denn eine den Anforderungen des Instrumentenflugbetriebs genügende Hindernisfreiheit kann nur unter Einbeziehung der Flurstücke,,,, ... der Flur ... und der Flurstücke ..., ..., ..., ..., ... der Flur ... der Gemarkung A... sowie der Flurstücke ... und ... der Flur ... der Gemarkung S... hergestellt werden. Allerdings fehlt es für alle diese Flächen nicht nur an der - von den Eigentümern bisher verweigerten - Zustimmung zu einer derartigen Inanspruchnahme ihres Eigentums, sondern auch an der - von der Beigeladenen für diese Flächen seinerzeit offenbar nicht beantragten - Waldumwandlungsgenehmigung. Die verfahrensgegenständliche Befreiung gilt aufgrund des entsprechend erweiterten Antrags der Beigeladenen zwar auch für die im Bauschutzbereich des Flughafens gelegenen Flurstücke,,,, ... der Flur ... und die Flurstücke ..., ..., ..., ..., ... der Flur ... der Gemarkung A... sowie das Flurstück ... Flur ... der Gemarkung S... (Anl. 8b, Bl. 204 des Verwaltungsvorgangs). Für notwendige Abholzungsmaßnahmen auf dem zwar außerhalb des Bauschutzbereichs, nach der luftverkehrsrechtlichen Änderungsgenehmigung aber ebenfalls im zu betrachtenden Hindernisraum gelegenen und aktuell bereits mit „zu hohen“ Bäumen bewachsenen Flurstück ... der Flur ... der Gemarkung S... (Gutachten S... vom September 2009, Bl. 591 ff. des Verwaltungsvorgangs) fehlt es aber selbst daran. Die vom Antragsgegner erteilte Befreiung umfasst diese Fläche nicht, denn sie ist in den mit den Antragsunterlagen (Anl. 8a, 8b, Bl. 200 ff., 204 des Verwaltungsvorgangs) vorgelegten und vom Antragsgegner in Bezug genommenen Flurstückslisten (Ziff. I.a des Bescheides vom 19. Januar 2012) nicht enthalten. Dass sich hieran etwas geändert hätte, ist weder ersichtlich noch vorgetragen worden.
Ohne die fehlenden Erlaubnisse und Genehmigungen ist die für die Durchführung von Instrumentenflugbetrieb am VLP in S... erforderliche Hindernisbereinigung aber nicht in vollem Umfang gesichert. Denn eine Abholzung nur der Flächen, für die alle erforderlichen Erlaubnisse und Genehmigungen erteilt wurden, ist nach Aktenlage nicht geeignet, die für eine Aufnahme des Instrumentenflugbetriebs erforderliche Hindernisfreiheit zu schaffen. Dass die verbleibenden Hindernisse aufgrund von Ausnahmeregelungen zur Abweichung von geltenden Standards unbeachtlich sein könnten, ist jedenfalls nicht mit hinreichender Sicherheit absehbar. Zwar erscheint es nicht ausgeschlossen, dass die waldrechtlichen und naturschutzrechtlichen Erlaubnisse auch für die davon bisher nicht erfassten Flächen noch erteilt und auch die eigentumsrechtlichen Voraussetzungen für die Inanspruchnahme der Flächen - innerhalb des Bauschutzbereichs durch Duldungsanordnungen gem. § 16 LuftVG bzw. für die westlich gelegene Fläche des Flurstücks ... der Flur ... der G... durch eine auf der Grundlage der luftverkehrsrechtlichen Änderungsgenehmigung grundsätzlich in Betracht kommende Enteignung gem. § 28 Abs. 2, 3 LuftVG i.V.m. dem brandenburgischen Enteignungsgesetz geschaffen werden können. Ein für die Beigeladene positives
Ergebnis aller dieser, nach Aktenlage bisher nicht einmal eingeleiteten Verfahren kann indes nicht unterstellt werden. Denn das Widerspruchsverfahren gegen die luftverkehrsrechtliche Änderungsgenehmigung, die für alle noch ausstehenden Verfahren, insbesondere aber für etwaige auf die Änderungsgenehmigung gestützte Enteignungsverfahren von wesentlicher Bedeutung ist, ist bisher nicht abgeschlossen und auch für die Abwägung i.R. des § 67 BNatSchG relevante naturschutzrechtliche Sachverhalte können bei der noch ausstehenden Prüfung weiterer Flächen u.U. anders zu bewerten sein.
Unter diesen Umständen überwiegt das Interesse des Antragstellers daran, dass von der mit Bescheid vom 19. Januar 2012 erteilten Befreiung kein Gebrauch gemacht wird, denn die damit ermöglichten großflächen Kahlschläge sind unzulässig, wenn (bzw. solange) damit das Vorhabenziel - Durchführung von Instrumentenflugbetrieb am VLP S... - nicht gesichert ist. Da mit einer Durchführung der Abholzungsmaßnahmen auf den in Rede stehenden Teilflächen vollendete Tatsachen geschaffen würden, die bei einer sich nachträglich herausstellenden Unerreichbarkeit dieses Ziels nicht rückgängig gemacht werden könnten, kommt dem ein ganz erhebliches Gewicht zu. Demgegenüber muss das Interesse der Beigeladenen daran zurückstehen, eine durch Zeitablauf drohende Entwertung der bisher erteilten Erlaubnisse - insbesondere der bestandskräftig gewordenen, im nächsten Jahr auslaufenden waldrechtlichen Genehmigung - zu vermeiden, zumal die Beigeladene selbst eine Ursache für das sich damit realisierende Risiko gesetzt hat, indem sie in Anträge, auf die hin die wald- und naturschutzrechtlichen Bescheide vom 24. Februar 2010 und 19. Januar 2012 ergangen sind, nur Teile der für die Herstellung der Hindernisfreiheit erforderlichen Flächen einbezogen und damit die Klärung der Rechtmäßigkeit auch der auf den Restflächen notwendigen Maßnahmen auf nachfolgende Verfahren verschoben hat. Das Interesse an einer alsbaldigen Eröffnung des Instrumentenflugbetriebs am VLP S... vermag ein besonderes Interesse am Sofortvollzug des Bescheides vom 19. Januar 2012 in dieser Situation ebenfalls nicht zu begründen, weil die Aufnahme des Instrumentenflugbetriebs durch die mit dem Sofortvollzug dieses Bescheides allein ermöglichte Abholzung von Teilen der zur Herstellung der Hindernisfreiheit benötigten Flächen tatsächlich nicht ermöglicht würde.
Sofern dies dann noch notwendig sein sollte, steht es der Beigeladenen im Fall einer - möglicherweise kurzfristig erreichbaren - Änderung der nach der vorstehenden Abwägung maßgeblichen Umstände frei, auf eine Änderung der Entscheidung gem. § 80 Abs. 7 VwGO hinzuwirken, sobald sie neben der luftverkehrsrechtlichen Änderungsgenehmigung auch über alle weiteren, für die Hindernisbereinigung für den Instrumentenflugbetrieb auf allen benötigten Flächen erforderlichen Genehmigungen und Erlaubnisse (einschließlich der eigentumsrechtlichen) verfügt.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1, Abs. 3 VwGO, § 162 Abs. 3. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).