Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 4. Senat | Entscheidungsdatum | 26.01.2017 | |
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Aktenzeichen | OVG 4 B 5.16 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | Art 33 Abs 5 GG, § 76 Abs 3 S 3 BG BE, § 39 BhV BE 2012, § 47 BhV BE 2012, § 43 Abs 2 SGB 11, § 72 Abs 1 S 1 SGB 11, § 52 Abs 3 S 2 GKG |
Wenn Eigenvorsorge durch Abschluss einer Pflegezusatzversicherung nicht möglich war, gebietet die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgepflicht, § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO dahingehend verfassungskonform auszulegen, dass neben den dort ausdrücklich genannten Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich Investitionskosten auch Pflegekosten im engeren Sinne, die den jeweiligen pauschalen Leistungsbetrag der Pflegeversicherung überschreiten und deshalb ungedeckt sind, ausnahmsweise beihilfefähig sind, wenn diese insgesamt den Eigenanteil der Einnahmen nach Satz 2 überschreiten.
Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Oktober 2015 geändert.
Der Beklagte wird unter teilweiser Aufhebung des Bescheids des Landesverwaltungsamts Berlin vom 25. Februar 2015 in der Gestalt des Teilabhilfebescheids derselben Behörde vom 27. April 2015 und des Widerspruchsbescheids derselben Behörde vom 28. April 2015 verpflichtet, der Klägerin für den Monat Dezember 2014 eine weitere Beihilfe in Höhe von 372,68 € zu gewähren.
Im Übrigen wird die Klage abgewiesen und die Berufung zurückgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Beklagte zu 9/10, die Klägerin zu 1/10.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Die Klägerin begehrt die Gewährung weiterer Beihilfe zu den Kosten ihrer vollstationären Pflege im Monat Dezember 2014.
Die am 1931 geborene Klägerin stand als Lehrerin (Besoldungsgruppe A 12) im Dienst des beklagten Landes. Sie trat mit Ablauf des 1996 wegen Erreichens der Altersgrenze in den Ruhestand. Seit dem 29. Januar 2013 lebt sie im Seniorenheim G..., einer zugelassenen Pflegeeinrichtung nach § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XI (im Folgenden: Pflegeheim). Sie wurde durch die Pflegekasse der Pflegestufe III zugeordnet. Das jeweils zuständige Amtsgericht bestellte im Jahr 2010 Frau B... und im Jahr 2015 Frau H... zur Betreuerin der Klägerin.
Die Bruttoversorgungsbezüge der Klägerin beliefen sich im Dezember 2014 auf 2.887,59 € zuzüglich einer Sonderzahlung in Höhe von 320 €. Die Klägerin ist in der gesetzlichen Krankenversicherung bei der AOK Nordost als freiwilliges Mitglied kranken- und pflegeversichert, wofür sie monatliche Beiträge in Höhe von insgesamt 159,51 € zahlt. Darüber hinaus überweist sie 100 € monatlich an die Krankenkasse, um in der Vergangenheit entstandene Beitragsrückstände auszugleichen.
Für die vollstationäre Pflege der Klägerin stellte das Pflegeheim unter dem 1. Dezember 2014 Heimkosten für den Monat Dezember 2014 in Höhe von insgesamt 4.575,29 € in Rechnung. Die Rechnung setzte sich zusammen aus Pflegeaufwendungen in Höhe von 3.457,74 €, Kosten für Unterkunft und Verpflegung in Höhe von insgesamt 564,82 € und Investitionskosten in Höhe von 552,73 €. Die Pflegekasse übernahm den hälftigen Leistungsbetrag für Pflegebedürftige der Pflegestufe III in Höhe von 775,00 €. Mit weiterer Rechnung vom 1. Dezember 2014 forderte das Pflegeheim für den Monat Dezember 2014 für zusätzliche Betreuungskosten einen Vergütungszuschlag nach § 87b SGB XI in Höhe von 58,25 €.
Bis November 2014 gewährte das Bezirksamt Lichtenberg von Berlin der Klägerin Hilfe zur stationären Pflege im Rahmen der Sozialhilfe. Das Bezirksamt lehnte mit Bescheid vom 2. Juni 2015 eine weitere Gewährung von Hilfe zur stationären Pflege unter Hinweis auf das Nachrangprinzip nach § 2 SGB XII ab, weil Beihilfeberechtigte nach dem Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Januar 2012 (Az.: 2 C 24.10) einen Anspruch darauf hätten, dass nach Begleichung der Kosten der vollstationären Pflege noch ein amtsangemessener Lebensunterhalt zur Verfügung stehe. Die Klägerin müsse deshalb Ansprüche vorrangig bei der Beihilfestelle geltend machen.
Mit Schreiben vom 10. Dezember 2014 beantragte die Klägerin durch ihre Betreuerin die Gewährung von Beihilfen für die Rechnungen des Pflegeheims zum Dezember 2014. Mit Bescheid vom 25. Februar 2015 in der Fassung des nach Widerspruch ergangenen Teilabhilfebescheids vom 27. April 2015 bewilligte das Landesverwaltungsamt Berlin (im Folgenden: Landesverwaltungsamt) der Klägerin eine Beihilfe in Höhe von insgesamt 1.464,55 €, wobei 1.406,30 € auf Heimkosten (Pflegeaufwendungen, Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten) und 58,25 € auf den Vergütungszuschlag nach § 87b SGB XI entfielen. Aus der insoweit maßgeblichen (geänderten) Berechnung im Bescheid vom 27. April 2015 folgt, dass sich die zu den Heimkosten gewährte Beihilfe aus dem hälftigen pauschalen Leistungsbetrag der Pflegestufe III in Höhe von 775,00 € und einer zusätzlich zu gewährenden Pauschalbeihilfe in Höhe von 631,30 € zusammensetzt.
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. April 2015 wies das Landesverwaltungsamt den Widerspruch der Klägerin im Übrigen zurück. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt, die Senatsverwaltung für Inneres und Sport habe mit Schreiben vom 2. September 2014 mitgeteilt, dass im Hinblick auf das Urteil des Bundesverwaltungsgerichts vom 24. Januar 2012 beabsichtigt sei, § 39 LBhVO neu zu fassen, um eine amtsangemessene Alimentation in Pflegefällen sicherzustellen. Als Folgeregelung solle in § 47 LBhVO der Bemessungssatz erhöht werden. Die beabsichtigte Neuregelung entspreche der seit dem 20. Dezember 2012 geltenden Fassung von §§ 39 und 47 Abs. 6 der Bundesbeihilfeverordnung – BBhV –. Bis zum Inkrafttreten der Änderung sei die Senatsverwaltung damit einverstanden, dass betroffenen Beihilfeberechtigten und berücksichtigungsfähigen Angehörigen eine ergänzende Pauschalbeihilfe gewährt werde, die aus der Differenz des Rechnungsergebnisses nach der beabsichtigten Neuregelung zu dem Rechnungsergebnis nach der geltenden Regelung errechnet werden könne. Die in den angefochtenen Bescheiden vorgenommene Berechnung der zusätzlich zu gewährenden Pauschalbeihilfe in Höhe von 631,30 € beruhe auf der beabsichtigten Neuregelung. Danach ergebe sich bei einem monatlichen Gesamteinkommen der Klägerin in Höhe von 2.914,26 € abzüglich des zu belassenden Einkommens in Höhe von 520,27 € ein selbst zu tragender Anteil in Höhe von 2.393,99 €. Bei dem bewilligten Betrag handele es sich um die Differenz zwischen den ungedeckten Pflegeheimkosten in Höhe von 3.025,29 € und dem selbst zu tragenden Anteil. Eine weitere Beihilfe könne darüber hinaus nicht gewährt werden. Auch nach § 39 Abs. 3 LBhVO ergebe sich kein Anspruch auf weitere Beihilfe. In Anwendung der genannten Vorschrift betrage der Eigenanteil bei alleinstehenden Beihilfeberechtigten 70 % der Einnahmen (hier: 2039,98 €). Dieser sei nicht überschritten. Die im Dezember 2014 entstandenen Kosten für Unterkunft, Verpflegung und Investitionskosten hätten lediglich 1.117,55 € betragen.
Die Klägerin hat am 29. Mai 2015 Klage beim Verwaltungsgericht erhoben, mit der sie die Gewährung einer weiteren Beihilfe in Höhe von 421,53 € begehrt hat. Das Verwaltungsgericht hat der Klage mit Urteil vom 14. Oktober 2015 teilweise stattgegeben und den Beklagten verpflichtet, der Klägerin für den Monat Dezember 2014 eine weitere Beihilfe in Höhe von 395,01 € zu gewähren. Zur Begründung hat es ausgeführt: Zwar ergebe sich ein Anspruch der Klägerin nicht ausdrücklich aus den derzeit noch geltenden Vorschriften der Landesbeihilfeverordnung, denn der nach § 39 Abs. 3 LBhVO zu errechnende Eigenanteil sei vorliegend nicht überschritten. Die gegenwärtig noch gültige Vorschrift des § 39 LBhVO wende der Beklagte allerdings selbst nicht mehr an, nachdem das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 24. Januar 2012 entschieden habe, dass ein Versorgungsempfänger einen Anspruch auf Erhöhung des Bemessungssatzes für seine stationäre Pflege habe, wenn ansonsten der amtsangemessene Unterhalt nicht mehr sichergestellt und Eigenvorsorge durch Abschluss einer Versicherung nicht mehr möglich oder zumutbar sei. Lege man die Maßstäbe dieser Entscheidung zu Grunde, ergebe sich ein Anspruch der Klägerin aus dem Wesenskern der Fürsorge. Zwar seien die Beihilfevorschriften selbst Ausdruck der Fürsorgepflicht des Dienstherrn und enthielten grundsätzlich eine abschließende Konkretisierung der Fürsorgepflicht in Krankheits-, Geburts-, und Todesfällen. Ausnahmsweise ergebe sich jedoch in besonderen Fällen ein Leistungsanspruch unmittelbar aus der Fürsorgepflicht des Dienstherrn, wenn diese ansonsten in ihrem Wesenskern verletzt wäre. Diese Voraussetzungen seien vorliegend erfüllt. Bis zum Inkrafttreten der Neuregelung der Landesbeihilfeverordnung folge aus der Fürsorgepflicht, dass der Klägerin von ihren Versorgungsbezügen eine Alimentation verbleiben müsse, so dass nach Abzug der Kosten für die Krankenversicherung, Pflegeversicherung, Steuern und Abgaben monatlich mindestens der so genannte Barbetrag verbleibe, der auch anderen Pflegebedürftigen in Höhe von 27 % des sozialrechtlichen Regelbedarfs zustehe. Dieser habe im Jahr 2014 105,57 € betragen (27 % von 399,00 €). Daraus ergebe sich folgende Berechnung:
Versorgungsbezüge brutto | 2.914,26 € |
Leistungen Pflegeversicherung AOK | 775,00 € |
Zwischensumme Einnahmen | 3.689,26 € |
Gesamtkosten vollstationäre Pflege | 4.575,29 € |
Kosten zusätzlicher Betreuungsbedarf | 58,25 € |
Kosten Krankenkasse AOK | 159,51 € |
Abzahlung Beiträge AOK | 100,00 € |
Einkommenssteuer | 429,66 € |
Solidaritätszuschlag | 23,63 € |
Kirchensteuer | 38,66 € |
Zwischensumme Ausgaben | 5.385,00 € |
Differenz | -1.695,74 € |
Gewährte Beihilfe | 1.406,30 € |
Verbleibendes Einkommen monatlich | -289,44 € |
Anzusetzendes Taschengeld | -105,57 € |
Zusätzlich zu gewährende Beihilfe | 395,01 € |
Gegen das ihm am 11. November 2015 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 8. Dezember 2015 die vom Verwaltungsgericht wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassene Berufung eingelegt und diese mit am 7. Januar 2016 beim Oberverwaltungsgericht eingegangenem Schriftsatz wie folgt begründet: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts sei die Fürsorgepflicht vorliegend nicht verletzt. Er, der Beklagte, sei vielmehr seiner Fürsorgepflicht nachgekommen, indem er den Wortlaut des § 39 BBhV, der nach der Änderung der Landesbeihilfeverordnung auch als Landesrecht gelten solle, vorgreiflich bereits jetzt anwende. Bei der Berechnung der Beihilfe für Dezember 2014 sei bereits ein zu verbleibendes Einkommen („Schonvermögen“) in Höhe von 520,27 € berechnet worden. Dies sei der Betrag, der bei der Berechnung der Beihilfe unberücksichtigt bleibe und damit der Klägerin monatlich unangetastet zur Verfügung stehe. Die in § 39 Abs. 2 BBhV festgesetzten Grenzen für einen unabweisbaren Bedarf seien gerade auch deshalb geschaffen worden, um dem Beamten nach Abzug der Pflegekosten einen amtsangemessenen Lebensunterhalt zu ermöglichen, der naturgemäß die fixen Lebensunterhaltskosten mit umfasse. Indem das Verwaltungsgericht auch noch Kosten für zusätzlichen Betreuungsbedarf (58,25 €), Kosten der Krankenkasse AOK (159,51 €), Abzahlung Beiträge AOK (100,00 €) und Taschengeld (105,57 €) in Ansatz gebracht habe, habe es die im Beihilferecht übliche Berechnung aufgegeben und sich der sozialhilferechtlichen angenähert. Dabei habe es außerdem übersehen, dass hinsichtlich der Kosten für zusätzlichen Betreuungsbedarf in Höhe von 58,25 € mit Bescheid vom 25. Februar 2015 Beihilfe gewährt worden sei.
Der Beklagte beantragt,
das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Oktober 2015 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
Die Klägerin beantragt,
die Berufung zurückzuweisen.
Sie macht geltend, die Fürsorgepflicht gebiete, eine Berechnung anhand der tatsächlich vorhandenen Eigenmittel, d.h. aus den Nettobeträgen der Versorgungsbezüge herzuleiten, da die aus den Versorgungsbezügen abzuführenden Steuern und Beiträge tatsächlich nicht zur Verfügung stünden und den Bedarf nicht decken könnten. Der Beklagte werde der Fürsorgepflicht nicht gerecht, wenn ihr, der Klägerin, kein Taschengeld verbleibe und sonstige monatlich erforderliche Kosten nicht gedeckt seien.
Der Senat hat in einem Parallelverfahren Auskünfte des Bundesministeriums für Gesundheit und des Verbandes der Privaten Krankenversicherung e.V. eingeholt und diese in das vorliegende Verfahren eingeführt. Auf die entsprechenden Schreiben der besagten Stellen wird Bezug genommen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Streitakte, die Personalakte der Klägerin und die Verwaltungsvorgänge des Landesverwaltungsamts Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt – soweit wesentlich – Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.
Die zulässige Berufung des Beklagten ist teilweise begründet. Das Verwaltungsgericht hat der Klage in zu großem Umfang stattgegeben. Die Klägerin hat einen Anspruch auf Bewilligung weiterer Beihilfe für die Kosten ihrer vollstationären Pflege im Monat Dezember 2014 in Höhe von (nur) 372,68 €. Insoweit ist der Beihilfebescheid des Landesverwaltungsamts vom 25. Februar 2015 in der Gestalt des Teilhabhilfebescheids vom 27. April 2015 und des Widerspruchsbescheids vom 28. April 2015 rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.
Für die rechtliche Beurteilung beihilferechtlicher Streitigkeiten ist die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt des Entstehens der Aufwendungen maßgeblich, für die eine Beihilfe begehrt wird, soweit nicht eine später ergangene Regelung Rückwirkung für vergangene Zeiträume entfaltet (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015 – 5 C 9.14 – juris Rn. 8). Letzteres ist bei der Neufassung von § 39 LBhVO durch Art. 1 Nr. 34 der Zweiten Verordnung zur Änderung zur Landesbeihilfeverordnung vom 29. November 2016 (GVBl. 2017 S. 122) nicht der Fall. Anwendbar ist deshalb die im Dezember 2014 geltende Landesbeihilfeverordnung vom 8. September 2009 (GVBl. S. 436) in der Fassung der Ersten Verordnung zu Änderung der Landesbeihilfeverordnung vom 8. Mai 2012 (GVBl. S. 138) und – soweit darin auf Vorschriften des SGB XI verwiesen wird – das Elfte Buch Sozialgesetzbuch vom 26. Mai 1994 (BGBl. I S. 1014) in der Fassung des Gesetzes vom 15. Juli 2013 (BGBl. I S. 2423).
1. Zwar hat die Klägerin bei einer wortlautgetreuen Anwendung von § 39 LBhVO keinen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe.
Nach § 39 Abs. 1 Satz 1 LBhVO sind Aufwendungen für vollstationäre Pflege in einer zugelassenen Pflegeeinrichtung im Sinne des § 72 Abs. 1 Satz 1 SGB XI beihilfefähig, wenn häusliche oder teilstationäre Pflege nicht möglich ist oder wegen der Besonderheit des Einzelfalls nicht in Betracht kommt. Dabei sind Aufwendungen pflegebedingter Art, für medizinische Behandlungspflege und für soziale Betreuung nur in der Höhe der in § 43 Abs. 2 SGB XI festgelegten pauschalen Leistungsbeträge beihilfefähig (vgl. § 39 Abs. 1 Sätze 2 und 3 LBhVO). Für Pflegebedürftige der Pflegestufe III – wie die Klägerin – galt im Dezember 2014 der in § 43 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 Buchst. c) SGB XI festgelegte Leistungsbetrag in Höhe von 1.550,00 €. In diesem Umfang sind die vom Pflegeheim unter dem 1. Dezember 2014 als Anteil der Heimkosten in Rechnung gestellten Pflegeaufwendungen beihilfefähig. Der Bemessungssatz beträgt nach § 46 Abs. 4 LBhVO i.V.m. § 28 Abs. 2 SGB XI 50 %. Der Beklagte hat somit in Bezug auf die unter dem 1. Dezember 2014 in Rechnung gestellten Heimkosten zu Recht eine Beihilfe nach § 39 Abs. 1 LBhVO in Höhe des hälftigen pauschalen Leistungsbetrages nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XI gewährt. Für den unter dem 1. Dezember 2014 in Rechnung gestellten Vergütungszuschlag nach § 87b SGB XI gewährte der Beklagte zutreffend nach § 39 Abs. 5 LBhVO eine Beihilfe in Höhe von 58,25 €. Auch insoweit gilt der Bemessungssatz in Höhe von 50 % nach § 46 Abs. 4 LBhVO. Der Senat geht aufgrund von Erkenntnissen in anderen Verfahren davon aus, dass es sich bei dem auf der Rechnung ausgewiesenen Betrag in Höhe 58,25 € um den von der Klägerin zu zahlenden Anteil des Vergütungszuschlages nach Abzug des von der Pflegekasse erstatteten Anteils handelt. Hiervon geht auch der Beklagte im Bescheid vom 25. Februar 2015 aus; dort wurde ein Betrag in Höhe von 116,50 € als beihilfefähige Aufwendung angesetzt.
Ein Anspruch auf Gewährung von Beihilfe für Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich der Investitionskosten gemäß § 39 Abs. 3 LBhVO besteht nicht. Diese Aufwendungen sind gemäß § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO beihilfefähig, wenn sie den Eigenanteil der Einnahmen nach Satz 2 übersteigen. Dies ist hier nicht der Fall. Die in der Rechnung vom 1. Dezember 2014 (Heimkosten) gesondert ausgewiesenen Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten überschreiten nicht den im Fall der alleinstehenden Klägerin geltenden Eigenanteil in Höhe von 70 % ihrer Einnahmen (vgl. § 39 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LBhVO). Die für die Berechnung des Eigenanteils zu Grunde zu legenden Einnahmen der Klägerin berechnen sich nach § 39 Abs. 3 Sätze 3 und 5 LBhVO. Danach sind die Versorgungsbezüge nach Anwendung von Ruhens-, Kürzungs- und Anrechnungsvorschriften zu Grunde zu legen (vgl. Satz 3). Die Versorgungsbezüge sind die in § 2 Abs. 1 LBeamtVG genannten Bruttobezüge mit Ausnahme des Unterschiedsbetrages nach § 50 Abs. 1 Satz 2 LBeamtVG, soweit nicht nach § 57 LBeamtVG geringere Versorgungsbezüge zustehen (vgl. Satz 5). Hiervon ausgehend sind die im Versorgungsnachweis für Dezember 2014 ausgewiesenen Bruttoversorgungsbezüge in Höhe von 2.887,59 € als Einnahmen der Klägerin anzusetzen. Die Sonderzahlung in Höhe von 320,00 € ist nicht anteilig den Einnahmen hinzuzurechnen, denn sie wird auf Grundlage des Sonderzahlungsgesetzes vom 5. November 2003 (GVBl. S. 538) in der Fassung des Gesetzes vom 1. Oktober 2008 (GVBl. S. 271) gewährt und gehört nicht zu den in § 2 Abs. 1 LBeamtVG abschließend aufgezählten Versorgungsbezügen, auf die § 39 Abs. 3 Satz 5 LBhVO ausdrücklich verweist (vgl. § 2 Abs. 2 LBeamtVG). Der Eigenanteil der Einnahmen beträgt somit 2.021,31 €. Die Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten in Höhe von insgesamt 1.117,55 € überschreiten den Eigenanteil nicht.
2. Jedoch ist § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO im vorliegenden Fall verfassungskonform auszulegen, weil anderenfalls die Fürsorgepflicht in ihrem Wesenskern verletzt wäre.
a) Der (verfassungskonformen) Anwendung von § 39 LBhVO steht nicht die Nichtigkeit der Norm wegen Verstoßes gegen höherrangiges Verfassungsrecht entgegen.
aa) Die Vorschrift beruht auf einer hinreichend bestimmten Ermächtigungsgrundlage. Nach § 76 Abs. 3 Satz 3 LBG kann die Beihilfe in Pflegefällen in Form einer Pauschale gewährt werden, deren Höhe sich am tatsächlichen Versorgungsaufwand orientiert. Hiervon ist die in § 39 Abs. 1 Sätze 2 und 3 LBhVO enthaltene Bezugnahme auf die jeweiligen pauschalen Leistungsbeträge der sozialen Pflegeversicherung umfasst, wenn auch die genannten Leistungsbeträge den tatsächlichen Versorgungsaufwand nur anteilig abdecken. Denn der Begriff „Pauschale“ beinhaltet eine verallgemeinernde Bezifferung des Pflegeaufwandes, wie er mit den nach Pflegestufen gestaffelten Leistungsbeträgen des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XI getroffen wird. Die Orientierung am tatsächlichen Versorgungsaufwand stellt der Verordnungsgeber dadurch sicher, dass die im jeweiligen Leistungsbetrag des SGB XI nicht enthaltenen Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten im Rahmen einer einkommensabhängigen Prüfung nach § 39 Abs. 3 LBhVO berücksichtigt werden. Die in § 39 Abs. 1 Satz 3 LBhVO enthaltene dynamische Verweisung auf die jeweils geltende Fassung von § 43 Abs. 2, 3 und 5 SGB XI ist zulässig. Dynamische Verweisungen sind grundsätzlich zulässig, wenn der Verweisungsumfang „eng bemessen“ ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015, a.a.O., Rn. 25). Bei der hier vorliegenden Verweisung auf die Vorschriften über die in der gesetzlichen Pflegeversicherung geltenden pauschalen Leistungsbeträge und deren Anwendung kann davon ausgegangen werden, dass der Verordnungsgeber die in Bezug genommenen Regelungen im Blick behält, so dass er auf den vorgegebenen Rahmen sprengende oder von ihm nicht gewünschte Änderungen umgehend reagieren kann.
bb) Die in § 39 LBhVO getroffenen Regelungen sind, soweit die Beihilfefähigkeit von pflegebedingten Aufwendungen auf den je nach Pflegestufe geltenden pauschalen Leistungsbetrag nach § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XI beschränkt wird und Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich Investitionskosten nur unter engen Voraussetzungen beihilfefähig sind, auch nicht etwa wegen eines Verstoßes gegen die Fürsorgepflicht unwirksam oder unanwendbar (so aber: VG Berlin, Urteile vom 28. April 2016 – 28 K 357.15 – juris Rn. 23 und vom 15. Dezember 2015 – 28 K 175.15 – juris Rn. 25).
Die durch Art. 33 Abs. 5 GG gewährleistete Fürsorgepflicht des Dienstherrn (§ 45 BeamtStG) ergänzt die Alimentationspflicht und steht im Zusammenhang mit ihr. Die Fürsorgepflicht fordert, dass der Dienstherr den amtsangemessenen Lebensunterhalt der Beamten bzw. Versorgungsempfänger und ihrer Familien auch in besonderen Belastungssituationen wie Krankheit oder Pflegebedürftigkeit sicherstellt. Er muss dafür Sorge tragen, dass Beamte bzw. Versorgungsempfänger in diesen Lebenslagen nicht mit erheblichen finanziellen Aufwendungen belastet bleiben, die sie nicht mehr in zumutbarer Weise aus ihrer Alimentation bestreiten und für die sie keine zumutbare Eigenvorsorge betreiben können, gebietet aber keine lückenlose Erstattung aller krankheits- und pflegebedingten Kosten (vgl. BVerwG, Urteil vom 2. April 2014 – 5 C 40.12 – juris Rn. 19). In der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts ist anerkannt, dass die Fürsorgepflicht in besonders gelagerten Einzelfällen Beihilfeansprüche über die generellen Beihilfevorschriften hinaus vermitteln kann, wenn die Fürsorgepflicht anderenfalls in ihrem Wesenskern verletzt wäre (vgl. BVerwG, Beschluss vom 23. August 2010 – 2 B 13.10 – juris Rn. 14, 16; Urteile vom 2. April 2014, a.a.O., und vom 26. März 2015, a.a.O., Rn. 36). Dies kann etwa der Fall sein, wenn Leistungsausschlüsse oder -begrenzungen im Einzelfall erhebliche Belastungen des Beihilfeberechtigten zur Folge hätten, die dieser nicht durch die Regelalimentation und durch eine zumutbare Eigenvorsorge bewältigen kann. In derartigen Ausnahmefällen ist der Fürsorgepflicht durch eine verfassungskonforme Auslegung und Anwendung der Beihilferegelungen Rechnung zu tragen (vgl. BVerwG, Urteile vom 24. Januar 2012 – 2 C 24.10 – juris Rn. 14, 19 und vom 26. März 2015, a.a.O., Rn. 34). Das Fehlen einer ausdrücklichen, sämtliche ungedeckte Pflegekosten betreffenden Härtefallregelung in Bezug auf ältere Beihilfeberechtigte, die insoweit keine zumutbare Eigenvorsorge treffen konnten, mag einen solchen Ausnahmefall begründen, mag einen solchen Ausnahmefall begründen stellt jedoch die Erfüllung der Fürsorgepflicht gegenüber der großen Mehrzahl der Beamten bzw. Versorgungsempfänger nicht in Frage (vgl. BVerwG, Urteil vom 26. März 2015, a.a.O., Rn. 34).
b) Die Fürsorgepflicht des Dienstherrn gebietet allerdings im vorliegenden Fall – die Klägerin war zum Stichtag 1. Juli 1996 über 60 Jahre alt – eine verfassungskonforme Auslegung von § 39 Abs. 3 Satz 1 und § 47 Abs. 7 LBhVO.
aa) Der Klägerin kann nicht entgegengehalten werden, dass sie keine Eigenvorsorge in Form des Abschlusses einer (ergänzenden) Pflegezusatzversicherung betrieben hat. Weil Pflegezusatzversicherungen nach Eintritt des Pflegefalls – wenn überhaupt – nur mit erheblichen Risikoaufschlägen abgeschlossen werden können (vgl. Auskunft des Verbandes der PKV vom 26. Juli 2016), konnte die Klägerin seit diesem Zeitpunkt eine solche Versicherung nicht mehr abschließen. Auch davor war dies der Klägerin aufgrund ihres fortgeschrittenen Alters nicht möglich. Zwar sind Beamte und Versorgungsempfänger des Landes Berlin jedenfalls seit dem 1. Juli 1996 gehalten, im Rahmen der zumutbaren Eigenvorsorge eine seit Mitte der 90er Jahre auf dem Markt angebotene Pflegezusatzversicherung abzuschließen, wenn sie nicht das Risiko tragen wollen, im Fall der Pflegebedürftigkeit mit Kosten belastet zu werden, die von der Pflegepflichtversicherung nicht gedeckt sind und auch aus der laufenden Alimentation und ergänzenden Beihilfen nicht bestritten werden können. Sie durften seit diesem Zeitpunkt nicht mehr darauf vertrauen, dass der Dienstherr im Rahmen seiner Fürsorgepflicht Beihilfen zu Pflegeaufwendungen bei vollstationärer Pflege leisten würde, die über die jeweiligen pauschalen Leistungsbeträge von § 43 Abs. 2 SGB XI hinausgehen (vgl. hierzu eingehend: Senatsurteil desselben Tages – OVG 4 B 6.16 – zur Veröffentlichung bei juris vorgesehen). Der Senat geht aufgrund der vorliegenden Auskünfte des Bundesministeriums der Gesundheit vom 20. Juli 2016 und des Verbandes der PKV vom 26. Juli 2016 davon aus, dass an dem genannten Stichtag (1. Juli 1996) nur Personen, die das 60. Lebensjahr noch nicht vollendet hatten, im Regelfall zumutbar eine Pflegezusatzversicherung abschließen konnten. Die im Jahr 1931 geborene Klägerin war damals jedoch bereits 65 Jahre alt. Dass es für sie eine andere Form der finanziellen privaten Zusatzvorsorge für den Pflegefall gegeben hätte, ist nicht ersichtlich.
bb) § 39 LBhVO enthält keine Regelung dazu, wo auch unter Einbeziehung der ungedeckten Pflegeaufwendungen im engeren Sinne (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LBhVO) die Grenze zumutbarer Eigenbelastungen bei vollstationärer Unterbringung eines Beihilfeberechtigten bzw. berücksichtigungsfähigen Angehörigen in einem Pflegeheim anzusetzen ist. Diese Lücke ist im Wege verfassungskonformer Auslegung zu schließen. Für das, was die Fürsorgepflicht des Dienstherrn in diesem Zusammenhang in ihrem Kern gebietet, darf ein Gericht allerdings nicht freischwebend gegriffene bzw. aus dem Sozialhilferecht hergeleitete Beträge festsetzen, die dem Beihilfeberechtigten bzw. seinem pflegebedürftigen Angehörigen verbleiben müssen. Vielmehr gebietet es der nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts auch im Beihilferecht geltende Vorbehalt des Gesetzes (vgl. m.w.N. Urteil vom 12. September 2013 – 5 C 33.12 – juris Rn. 13), an die vom Verordnungsgeber in § 39 Abs. 3 LBhVO getroffenen Regelungen zur Zumutbarkeit des vom Beihilfeberechtigten selbst zu tragenden Eigenanteils anzuknüpfen und hiervon nur insoweit abzuweichen, als dies verfassungsrechtlich geboten ist. Den in § 39 Abs. 3 Satz 2 LBhVO enthaltenen Bestimmungen zum Eigenanteil der Einnahmen, der für Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich Investitionskosten vom Beihilfeberechtigten für die entstehenden Pflegekosten einzusetzen ist, kann ein Anhalt auch dahingehend entnommen werden, welchen (Gesamt-)Eigenanteil der Dienstherr dem Beihilfeberechtigten bezogen auf die stationäre Pflege im Ergebnis, d.h. auch unter Berücksichtigung der nicht erstattungsfähigen und insofern auch nicht mit bedachten Pflegekosten im engeren Sinne, zumuten will (vgl. OVG Münster, Urteile vom 14. August 2013 – 1 A 1481/10 – juris Rn. 75 ff. zu vergleichbaren Regelungen in § 9 Abs. 7 BhV und vom 26. November 2009 – 1 A 1524/08 – juris Rn. 76 ff. zu vergleichbaren Regelungen in anderen Richtlinien). Nach § 39 Abs. 3 Satz 2 Nr. 3 LBhVO beläuft sich der Eigenanteil bei alleinstehenden Anspruchsberechtigten in vollstationärer Pflege, wie der Klägerin, auf 70 % der Einnahmen. Dieser Wertung und Grenzziehung lässt sich entnehmen, dass alleinstehenden pflegebedürftigen Beihilfeberechtigten grundsätzlich ein Mindestbehalt in Höhe von 30 % ihres monatlichen Bruttoeinkommens verbleiben soll und (in der Regel) auch muss, damit noch eine amtsangemessene Alimentation verbleibt, um weitere Lebenshaltungskosten bestreiten zu können. Insofern dürfte der vergleichbaren Vorgängervorschrift des § 9 Abs. 7 Sätze 4 bis 7 der Beihilfevorschriften des Bundes in der Fassung vom 4. Juli 1996 (GMBl. S. 627), die auch für Beamte und Versorgungsempfänger des Landes Berlin seit dem 1. Juli 1996 anwendbar war, ursprünglich die Vorstellung zu Grunde gelegen haben, dass die neben Unterkunfts-, Verpflegungs- und Investitionskosten anfallenden Pflegekosten im engeren Sinne dem Betroffenen prinzipiell vollständig oder allenfalls mit geringfügigen Abschlägen erstattet werden. Dies ist aber offenkundig nicht mehr der Fall. Im Gegenteil ist der Anteil der Pflegekosten im engeren Sinne, der durch den jeweiligen pauschalen Leistungsbetrag der Pflegeversicherung nicht gedeckt ist, seit der Einführung der zweiten Stufe der sozialen Pflegeversicherung (stationäre Pflege) im Jahr 1996 stetig gestiegen. Statistisch belegt ist dies hinsichtlich sämtlicher Pflegestufen für den Zeitraum ab 1999 aufgrund der in der Pflegestatistik (vgl. § 109 SGB XI) erhobenen Daten. Nach den vom Bundesministerium für Gesundheit in seiner Auskunft vom 12. Dezember 2016 zur Verfügung gestellten Zahlen betrug beispielsweise der durchschnittliche pflegebedingte Eigenanteil in der Pflegestufe III – ohne Berücksichtigung der ebenfalls vom Pflegebedürftigen zu tragenden Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten – im Jahr 1999 noch 558,85 € und erhöhte sich kontinuierlich auf 816,13 € im Jahr 2013. Trotz dieser Entwicklung hat der Berliner Verordnungsgeber im Jahr 2009 § 39 BBhV in der damals geltenden Fassung als § 39 in die Landesbeihilfeverordnung übernommen und diese Regelung bis Januar 2017 unverändert gelassen. Die dort getroffene Unterscheidung von beihilfefähigen Pflegekosten im engeren Sinne auf der einen Seite und grundsätzlich nicht beihilfefähigen Unterkunfts-, Verpflegungs- und Investitionskosten auf der anderen Seite darf aber unter Berücksichtigung der Fürsorgepflicht des Dienstherrn nicht dazu führen, dass dem Beihilfeberechtigten eine weitere erhebliche Belastung durch die Deckungslücke bei den (nur teilweise erstatteten) Pflegekosten im engeren Sinne verbleibt, die den nach den Wertungen des Verordnungsgebers für die stationäre Pflege einzusetzenden Eigenanteil der Einnahmen im Sinne von § 39 Abs. 3 Satz 2 LBhVO übersteigt.
Hiervon ausgehend gebietet die Fürsorgepflicht, wenn Eigenvorsorge nicht möglich war, § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO dahingehend auszulegen, dass neben den dort ausdrücklich genannten Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich Investitionskosten auch Pflegekosten im engeren Sinne (§ 39 Abs. 1 Satz 2 LBhVO), die den jeweiligen pauschalen Leistungsbetrag der Pflegeversicherung (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XI) überschreiten und deshalb ungedeckt sind, ausnahmsweise beihilfefähig sind, wenn diese insgesamt den Eigenanteil der Einnahmen nach Satz 2 übersteigen. Dies zu Grunde gelegt, sind hier die den pauschalen Leistungsbetrag in Höhe von 1550,00 € überschreitenden Pflegeaufwendungen beihilfefähig, da sie zusammen mit den Kosten für Unterkunft und Verpflegung sowie Investitionskosten den Eigenanteil der Einnahmen nach § 39 Abs. 3 Satz 2 LBhVO übersteigen. Die in Anwendung von § 39 Abs. 3 Sätze 3 und 5 LBhVO zu berechnenden Einnahmen der Klägerin beliefen sich im Dezember 2014 auf 2.887,59 € (siehe oben unter Ziffer 1). Von den Einnahmen abzuziehen sind die der Klägerin unter dem 1. Dezember 2014 in Rechnung gestellten Heimkosten (Aufwendungen pflegebedingter Art, Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung einschließlich Investitionskosten) in Höhe von insgesamt 4.575,29 €. Der durch das Pflegeheim zusätzlich in Rechnung gestellte Vergütungszuschlag nach § 87b SGB XI bleibt außer Betracht, weil diese Kosten vollständig durch die gesetzliche Pflegeversicherung und die Beihilfe erstattet wurden. Weiter ist einzustellen, dass der Klägerin zu den in den Heimkosten enthaltenen Pflegeaufwendungen in Anwendung von § 39 Abs. 1 LBhVO Beihilfe in Höhe von 775,00 € gewährt worden ist und sie insoweit Leistungen der Pflegekasse in Höhe von 775,00 € erhalten hat. Der Eigenanteil der ungedeckten Pflegekosten, den die Klägerin aus ihren Einnahmen selbst aufbringen muss, beträgt 70 % (2.021,31 €). Anders gewendet, muss der Klägerin ein Mindestbehalt von 30 % ihrer Einnahmen verbleiben (866,28 €). Hieraus folgt, dass bei verfassungskonformer Auslegung von § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO ungedeckte Pflegeaufwendungen in Höhe von 1.003,98 € beihilfefähig sind.
Der Rechengang lässt sich auch in folgender Tabelle darstellen:
Einnahmen | 2.887,59 € | |
abzuziehende Heimkosten | -4.575,29 € | |
zuzüglich Beihilfe und Leistungen der Pflegeversicherung | +1.550,00 € | 775,00 € + 775,00 € |
Zwischensumme | -137,70 € | |
30 % der Einnahmen (Mindestbehalt) | 866,28 € | |
Differenz | 1.003,98 € |
Nach § 47 Abs. 7 LBhVO beträgt der Bemessungssatz in Fällen des § 39 Abs. 3 LBhVO für die den Eigenanteil übersteigenden Aufwendungen für Unterkunft und Verpflegung 100 %. Diese Vorschrift ist aus den dargelegten Gründen ebenfalls verfassungskonform auszulegen dahingehend, dass sie sich auch auf die den Eigenanteil übersteigenden Aufwendungen pflegebedingter Art, für medizinische Behandlungspflege und für soziale Betreuung im Sinne von § 39 Abs. 1 Satz 2 LBhVO bezieht, soweit der jeweilige pauschale Leistungsbetrag des § 43 Abs. 2 Satz 2 SGB XI überschritten wird. Somit hat die Klägerin einen Anspruch auf Gewährung weiterer Beihilfe in Höhe von 1.003,98 €. Da der Beklagte in Anwendung der – für das Gericht nicht verbindlichen – Vorgriffsregelung bereits eine ergänzende Pauschalbeihilfe in Höhe von 631,30 € bewilligt hat, reduziert sich der Anspruch auf 372,68 € (1.003,98 € – 631,30 €).
Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO in Verbindung mit § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.
Die Revision ist nicht zuzulassen, weil keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO, § 127 BRRG genannten Gründe vorliegt. Insbesondere kommt der Frage der (verfassungskonformen) Auslegung von § 39 Abs. 3 Satz 1 LBhVO keine grundsätzliche Bedeutung zu, weil es sich um ausgelaufenes Recht handelt und die Rechtsfrage sich bei der Nachfolgevorschrift nicht offensichtlich in gleicher Weise stellt (vgl. BVerwG, Beschluss vom 6. Oktober 2016 – 2 B 65.14 – juris Rn. 8).
BESCHLUSS
Der Wert des Streitgegenstandes wird für die zweite Rechtsstufe auf 1.185,03 € und für die erste Rechtsstufe – unter Abänderung des Beschlusses des Verwaltungsgerichts Berlin vom 14. Oktober 2015 – auf 1.264,59 € festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG. Die Bestimmung des Streitwerts richtet sich im Ausgangspunkt nach § 52 Abs. 3 Satz 1 GKG, denn der erstinstanzliche Klageantrag war darauf gerichtet, den Beklagten zu verpflichten, der Klägerin für Dezember 2014 eine weitere Beihilfe in Höhe von 421,53 € zu zahlen, und betraf damit einen auf eine bezifferte Geldleistung bezogenen Verwaltungsakt. Der Betrag ist nach § 52 Abs. 3 Satz 2 GKG zu verdreifachen, weil die Klägerin die Gewährung der weiteren Beihilfe für ihre fortdauernde vollstationäre Unterbringung in einem Pflegeheim geltend macht, so dass ihr Antrag offensichtlich absehbare Auswirkungen auf ihre künftigen Beihilfeansprüche hat. Dies führt zu einem Streitwert in Höhe von 1.185,03 € (3 x 395,01 €) in dem Berufungsverfahren, in dem nur die vom Verwaltungsgericht zuerkannte monatliche Beihilfe in Höhe von 395,01 € streitgegenständlich war, und in Höhe von 1.264,59 € (3 x 421,53 €) in der ersten Instanz. Insoweit wird die erstinstanzliche Festsetzung gemäß § 63 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 GKG von Amts wegen geändert.