Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 6. Senat | Entscheidungsdatum | 05.01.2012 | |
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Aktenzeichen | OVG 6 N 82.10 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 86 Abs 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 1 VwGO, § 124 Abs 2 Nr 5 VwGO, § 128 VwGO, § 63 Abs 2 BBesG, § 2 Abs 2 BLV 2002 |
Für die Frage, ob ein Beamter in ein neues Beamtenverhältnis im öffentlichen Dienst "derselben Laufbahn" eintritt im Sinne des § 63 Abs. 2 BBesG, genügt es nicht, dass das neue Dienstverhältnis derselben Laufbahngruppe zuzurechnen ist, vielmehr kommt es auf die Fachrichtung der jeweiligen Laufbahn an
Der Antrag des Klägers auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 23. September 2010 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens.
Der Streitwert wird für die zweite Rechtsstufe auf 8.430,75 Euro festgesetzt.
Der Kläger wendet sich gegen die Rückforderung eines Anwärtersonderzuschlages. Dieser war ihm für eine Ausbildung in der Laufbahn für den gehobenen technischen Dienst in der Bundeswehrverwaltung - Fachrichtung Wehrtechnik - gewährt worden. Nachdem er nach Absolvierung der Laufbahnprüfung rund ein Jahr im Beamtenverhältnis auf Probe tätig war, wurde er auf seinen Antrag hin aus dem Beamtenverhältnis der Beklagten entlassen und vom Land Berlin als Brandoberinspektoranwärter in ein Beamtenverhältnis auf Widerruf berufen. Daraufhin forderte die Beklagte 4/5 des gezahlten Anwärtersonderzuschlages in Höhe von insgesamt 8.430,75 Euro zurück. Die hiergegen gerichtete Klage hat das Verwaltungsgericht im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, der Anwärtersonderzuschlag setze für sein Behaltendürfen nach § 63 BBesG voraus, dass der Betroffene nach Bestehen der Laufbahnprüfung mindestens fünf Jahre als Beamter im öffentlichen Dienst in der Laufbahn verbleibe, für die er die Befähigung erworben habe, oder wenn das Beamtenverhältnis nach bestehender Laufbahnprüfung ende, in derselben Laufbahn in ein neues Beamtenverhältnis im öffentlichen Dienst für mindestens die gleiche Zeit eintrete. Diese Voraussetzungen erfülle der Kläger nicht, weil er nicht fünf Jahre in der Laufbahn für den gehobenen technischen Dienst in der Bundeswehrverwaltung - Fachrichtung Wehrtechnik - verblieben sei. Sein Wechsel in die Laufbahn des gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes des Landes Berlin rechtfertige keine andere Entscheidung, weil es sich nicht um „dieselbe Laufbahn“ im Sinne des § 63 BBesG handele.
Hiergegen wendet sich der Kläger mit seinem auf die Zulassungsgründe ernstlicher Richtigkeitszweifel (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) und Verfahrensmängel (§ 124 Abs. 2 Nr. 5 VwGO) gestützten Antrag auf Zulassung der Berufung. Der Antrag ist zulässig, aber unbegründet.
1. Ernstliche Richtigkeitszweifel liegen nicht vor. Die Einwände des Klägers gegen das erstinstanzliche Urteil überzeugen nicht.
a) Er macht geltend, die Voraussetzungen für die Rückforderung des Anwärtersonderzuschlages lägen nicht vor, weil er durch seinen Wechsel in ein Dienstverhältnis mit dem Land Berlin in der Laufbahn des gehobenen feuerwehrtechnischen Dienstes in ein neues Beamtenverhältnis im öffentlichen Dienst in derselben Laufbahn im Sinne des § 63 Abs. 2 BBesG eingetreten sei, es sei allein auf den Verbleib in der für den Kläger einschlägigen Laufbahngruppe, nämlich der des gehobenen Dienstes, abzustellen. Dem ist nicht zu folgen.
Für die Frage, ob ein Beamter im Sinne des § 63 Abs. 2 BBesG in ein neues Beamtenverhältnis „derselben Laufbahn“ im öffentlichen Dienst eintritt, genügt es nicht, dass das neue Dienstverhältnis derselben Laufbahngruppe zuzurechnen ist, vielmehr kommt es auf die Fachrichtung der jeweiligen Laufbahn an. Die Argumentation des Klägers berücksichtigt Sinn und Zweck des § 63 BBesG nicht hinreichend. Der Anwärtersonderzuschlag stellt eine Art Anwerbeprämie dar. Sie dient dem Zweck, die Funktionsfähigkeit des öffentlichen Dienstes in Bereichen zu sichern, in denen ein Mangel an qualifizierten Bewerbern herrscht. Ihm liegt die Erwägung zugrunde, dass der Dienstherr ein Interesse daran hat, die über die übliche Ausbildungsvergütung hinausgehenden Aufwendungen für die Ausbildung eines Anwärters möglichst nur in Erwartung einer entsprechenden späteren Dienstleistung des Anwärters zu erbringen. Schon daraus folgt, dass der Anwärtersonderzuschlag zweckgebunden und bereichsspezifisch gewährt wird. Dementsprechend ist auch für die Frage, ob die Voraussetzungen für sein Behaltendürfen im Sinne des § 63 Abs. 2 BBesG vorliegen, bereichsspezifisch zu beantworten; anderenfalls würde er seinen Zweck verfehlen, die Begünstigung wäre illegitim (vgl. Oberverwaltungsgericht Berlin, Beschluss vom 17. Februar 2003 - OVG 4 N 82.02 -).
Vor diesem Hintergrund hat das Verwaltungsgericht zu Recht auf den ausbildungsbezogen definierten Laufbahnbegriff des § 2 Abs. 2 der Bundeslaufbahnverordnung in der bis zum 13. Februar 2009 gültigen Fassung abgestellt. Danach umfasst eine Laufbahn alle Ämter derselben Fachrichtung, die die gleiche Vor- und Ausbildung oder eine diesen Voraussetzungen gleichwertige Befähigung erfordern. Dass der Kläger durch seinen Wechsel zum Land Berlin nicht in derselben Laufbahn verblieben ist, für die ihm der Anwärtersonderzuschlag gewährt worden war, zeigt sich daher - wie das Verwaltungsgericht zu Recht annimmt - schon daran, dass er bei der Berliner Feuerwehr nicht als Beamter auf Probe, sondern als Anwärter ernannt worden ist. Wäre er in derselben Laufbahn verblieben, hätte er nicht erneut ausgebildet werden müssen. Der Anwärtersonderzu-schlag hätte seinen Zweck nicht verfehlt.
b) Der Kläger wendet weiter ein, selbst wenn man der Auffassung des Verwaltungsgerichts folge und annehme, dass auf die fachbereichsspezifische Laufbahn abzustellen sei, wäre das Urteil gleichwohl fehlerhaft, weil er dann über diese fachspezifischen Differenzierungen nicht ordnungsgemäß belehrt worden sei. Die ihm beim Antrag auf Gewährung des Anwärtersonderzuschlages erteilte Belehrung sei allein auf die wörtliche Formulierung des § 63 BBesG bezogen gewesen. Diese Vorschrift unterscheide nicht nach Laufbahnen unterschiedlicher Fachrichtungen. Die vom Verwaltungsgericht herangezogene Bundeslaufbahnverordnung werde in der Belehrung nicht genannt noch werde erkennbar auf sie Bezug genommen. Dass ein Wechsel innerhalb einer Fachrichtung in einer Laufbahngruppe zu etwaigen Rückforderungen beim Kläger hätte führen können, sei für diesen daher nicht erkennbar gewesen. Er habe deshalb darauf vertrauen dürfen, dass ein Wechsel innerhalb der für ihn einschlägigen Laufbahngruppe kein Rückforderungsbegehren auslöse. Auch diese Ausführungen überzeugen nicht.
Dabei kann dahinstehen, inwieweit das Rückforderungsbegehren des Dienstherrn überhaupt von einer vorherigen Belehrung des Beamten abhängt, zumal er keine allgemeine Pflicht zur Belehrung seiner Bediensteten über die für sie einschlägigen Vorschriften hat (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. Februar 1977 - VI C 105.74 -, BVerwGE 52, 70 ff., Rn. 30 bei juris). Denn die dem Kläger vorliegend auf dem Antragsformular für die Gewährung des Anwärtersonderzuschlages erteilte Belehrung, die den Gesetzestext des § 63 Abs. 2 BBesG wiedergibt, genügt jedenfalls den insoweit etwaig zu stellenden Anforderungen. Sie ist, wie aus den vorstehenden Ausführungen folgt, ohne weiteres in dem hier vertretenen Sinne interpretierbar. Dem Kläger wäre es daher bei Zweifeln darüber, ob sein Ausscheiden aus dem Dienstverhältnis mit der Beklagten und die Aufnahme eines neuen Ausbildungsverhältnisses mit dem Land Berlin die Verpflichtung zur Rückzahlung des Anwärtersonderzuschlages auslöst, zumutbar gewesen, entsprechende Erkundigungen vorab einzuholen. Einem Beamten ist es grundsätzlich zuzumuten, sich mit den rechtlichen Konsequenzen einer antragsgemäßen Entlassung aus dem Beamtenverhältnis vertraut zu machen.
2. Soweit der Kläger Verfahrensmängel im Sinne des § 125 Abs. 2 Nr. 5 VwGO darauf stützt, das Verwaltungsgericht habe seinen Anspruch auf rechtliches Gehör und die Amtsaufklärungspflicht verletzt, weil es den Sachverhalt nicht hinreichend aufgeklärt habe, rechtfertigt dies ebenfalls keine andere Entscheidung. Der Kläger macht insoweit geltend, die Laufbahnausbildungen sowohl bei der Feuerwehr als auch bei der der Wehrverwaltung hätten den gleichen Inhalt. Das Verwaltungsgericht habe die Frage der gleichen Ausbildungsinhalte jedoch nicht hinreichend aufgeklärt. Der Kläger verkennt die Reichweite der Amtsaufklärungspflicht des § 86 Abs. 1 VwGO.
Das Verwaltungsgericht hat den ihm insoweit zustehenden Ermessensspielraum nicht überschritten. Dieses Ermessen wäre nur dann verfahrensfehlerhaft ausgeübt, wenn das Gericht von weiteren Sachverhaltsermittlungen abgesehen hätte, obwohl sich ihm deren Notwendigkeit hätte aufdrängen müssen. Das kann hier nicht angenommen werden. Vielmehr spricht schon der Umstand, dass der für die Tätigkeit bei der Wehrverwaltung voll ausgebildete Kläger vom Land Berlin nicht als Probebeamter übernommen wurde, sondern erneut eine Ausbildung zu absolvieren hatte, gegen die Richtigkeit seiner Behauptung. Vor diesem Hintergrund durfte das Verwaltungsgericht von unterschiedlichen Ausbildungsinhalten ausgehen. Der Kläger selbst hat in dieser Hinsicht im Verfahren erster Instanz auch nichts vorgetragen und auch seine Ausführungen im Berufungszulassungsverfahren sind insoweit nicht hinreichend substanziiert. Sie beschränken sich darauf zu behaupten, dass beide Ausbildungen in den theoretischen Bereichen Haushaltsrecht, Beschaffungswesen, Verwaltungsrecht und Zivilrecht sowie hinsichtlich der Schulungen zur Mitarbeiterführung identisch seien. In der praktischen Ausbildung stünde jeweils bei beiden Beschaffungen nach dem Haushaltsrecht mit entsprechender Vorausplanung im Vordergrund. Soweit die Laufbahnausbildung bei der Wehrverwaltung eine zusätzliche Qualifikation im Umgang mit Waffen und Munition umfasse, habe diese bei dem Kläger nur eine untergeordnete Rolle eingenommen. Im Übrigen sei dies auch Ausbildungsprogramm der Ausbildung im feuerwehrtechnischen Dienst. Ein hinreichend klares Bild von der behaupteten Identität beider Ausbildungen wird hierdurch nicht vermittelt. Es kann dahinstehen, ob sie überhaupt entscheidungserhebliche Bedeutung hätte.
3. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 1 GKG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).