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Polizeihauptmeister; Erhebung der Disziplinarklage; Zuständigkeit; Übertragung der Befugnis zur Klageerhebung; Polizeipräsident; Leiter der für Disziplinarrecht zuständigen Abteilung; Dienstbehörde; Dienstvorgesetzter; Vorgesetzter; Heilung von Mängeln der Klageschrift


Metadaten

Gericht OVG Berlin-Brandenburg 80. Senat Entscheidungsdatum 10.11.2011
Aktenzeichen OVG 80 D 6.09 ECLI
Dokumententyp Urteil Verfahrensgang -
Normen § 2 Abs 4 S 2 DiszG BE, § 34 Abs 2 DiszG BE, § 41 DiszG BE, § 47 DiszG BE, § 55 Abs 1 BDG, § 55 Abs 3 BDG, § 4 BG BB, § 5 Abs 1 BG BB, § 5 Abs 2 BG BB

Leitsatz

1. Die Übertragung der Befugnis zur Klageerhebung auf den Leiter der für Disziplinarrecht zuständigen Abteilung des Polizeipräsidenten ist mit § 34 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 2 Abs. 4 Satz 2 DiszG nicht vereinbar, weil der Abteilungsleiter weder selbst Dienstvorgesetzter noch die von ihm geleitete Abteilung als solche Dienstbehörde ist.

2. Mängel der Klageschrift sind im Falle der Klageerhebung durch eine unzuständige Stelle nicht nach § 55 Abs. 3 BDG heilbar.

Tenor

Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Juli 2009 geändert.

Die Klage wird abgewiesen.

Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 v.H. des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120 v.H. des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Der am 1967 geborene Beklagte trat nach dem Realschulabschluss als Beamter auf Widerruf in den Schutzpolizeidienst des Landes Berlin ein. Nach Bestehen der Laufbahnprüfung für den mittleren Dienst der Schutzpolizei wurde er mit Wirkung vom … in das Beamtenverhältnis auf Probe berufen, mit Wirkung vom … als Polizeiobermeister zum Beamten auf Lebenszeit ernannt und zuletzt am … zum Polizeihauptmeister befördert. Nachdem der Beklagte eine Ausbildung zum Sanitätshelfer absolviert hatte, wurde er ab … beim Ärztlichen Dienst des Polizeipräsidenten u.a. im Abschiebegewahrsam K... verwendet. Vom … bis zu dem unter dem … verfügten Verbot der Amtsausübung erfolgte sein Einsatz bei der Direktion ...

Der Beklagte ist in zweiter Ehe verheiratet und hat zwei noch minderjährige Kinder. Er erhält Dienstbezüge nach der Besoldungsgruppe A 9. Der Beklagte ist disziplinarrechtlich nicht vorbelastet.

Im Dezember 2001 leitete die Staatsanwaltschaft Berlin gegen den Beklagten ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren ein wegen des Vorwurfs, am 25. und 29. November 2001 eine in der Abschiebehaft verwahrte Frau sexuell missbraucht zu haben. Das Amtsgericht Tiergarten verurteilte den Beklagten durch Urteil vom 21. Oktober 2004 wegen sexuellen Missbrauchs von Gefangenen in zwei Fällen zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von elf Monaten, deren Vollstreckung zur Bewährung ausgesetzt wurde. Das Landgericht Berlin verwarf die Berufung des Beklagten durch Urteil vom 30. August 2005 . Seine Revision wurde vom Kammergericht durch Beschluss vom 11. April 2006 mit der Maßgabe verworfen, dass der Beklagte des sexuellen Missbrauchs von behördlich Verwahrten in zwei Fällen schuldig ist.

Mit Verfügung vom 3. Juni 2002 ordnete der Leiter des Landespolizeiverwaltungsamtes gegen den Beklagten wegen des vorbezeichneten Sachverhalts disziplinare Vorermittlungen an. Nach rechtskräftigem Abschluss des Strafverfahrens zog der höhere Dienstvorgesetzte unter dem 30. August 2006 das Verfahren an sich und ordnete die vorläufige Dienstenthebung des Beklagten an. Nach Durchführung des behördlichen Ermittlungsverfahrens und Beteiligung der Frauenvertreterin und des Personalrats hat der Kläger am 14. Juli 2008 beim Verwaltungsgericht Berlin Disziplinarklage erhoben. Die Klageschrift ist unter dem Kopf „Der Polizeipräsident in Berlin“ mit dem Zusatz „Zentrale Serviceeinheit“ gefertigt und „Im Auftrag“ von Herrn G... , dem Leiter der Abteilung ZSE I - Personal, Finanzen, Recht -, unterzeichnet. Die der Klageerhebung zugrunde liegende Verfügung wurde vor Ausführung dem Polizeipräsidenten auf dem Dienstweg „zur Kenntnisnahme und Zustimmung“ vorgelegt und von diesem abgezeichnet. In der Klageschrift wird dem Beklagten vorgeworfen, ein Dienstvergehen begangen zu haben, indem er am 25. und 29. November 2001 eine in Abschiebehaft verwahrte 17-jährige weibliche Person durch jeweils gleichartige sexuell orientierte Handlungen missbrauchte.

Das Verwaltungsgericht hat den Beklagten durch Urteil vom 21. Juli 2009 aus dem Beamtenverhältnis entfernt. Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Der Beklagte habe ein Dienstvergehen begangen, das seine Entfernung aus dem Dienst erforderlich mache. Der disziplinarrechtlichen Beurteilung seien die Feststellungen in dem rechtskräftigen Strafurteil des Landgerichts Berlin vom 30. August 2005 zugrunde zu legen. Anlass, sich von diesen Feststellungen zu lösen, bestehe nicht. Das Dienstvergehen, mit dem der Beklagte die ihm obliegende Pflicht zu achtungs- und vertrauenswürdigem Verhalten im Dienst verletzt habe, wiege schwer, weil der Beklagte gegen den Kernbereich seiner dienstlichen Aufgaben verstoßen habe. Durchgreifende Milderungsgründe bestünden nicht. Im Ergebnis habe der Beklagte das Vertrauen seines Dienstherrn und auch der Allgemeinheit endgültig verloren.

Gegen dieses ihm am 18. August 2009 zugestellte Urteil richtet sich die am 17. September 2009 eingegangene Berufung des Beklagten, mit der er im Kern geltend macht: Wegen erheblicher Zweifel an der Richtigkeit der strafgerichtlichen Feststellungen sei ein Lösungsbeschluss geboten. Das Strafurteil sei unter Verletzung von Verfassungsrecht zustande gekommen und weise in seiner Beweiswürdigung erhebliche Rechtsfehler auf. Unabhängig hiervon sei sein Persönlichkeitsbild vom Verwaltungsgericht nicht hinreichend gewürdigt worden.

Der Senat hat mit Verfügung vom 5. August 2011 darauf hingewiesen, dass erhebliche Bedenken bestehen, ob die Disziplinarklage von der zuständigen Stelle erhoben worden ist. Die mündliche Verhandlung ist auf die Zulässigkeit der Klage beschränkt worden.

Der Beklagte beantragt,

das Urteil des Verwaltungsgerichts Berlin vom 21. Juli 2009 zu ändern und die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

im Wege des Zwischenurteils festzustellen, dass die Klage von der hierfür zuständigen Stelle erhoben worden ist.

Der Kläger verteidigt das erstinstanzliche Urteil und tritt der Berufung in der Sache entgegen. Zur Frage der ordnungsgemäßen Klageerhebung macht er geltend: Der Leiter der Abteilung ZSE I sei Dienstvorgesetzter im Sinne des Disziplinarrechts. Die materiellen und formellen Voraussetzungen des § 47 Abs. 2 DiszG für die Bestimmung des Dienstvorgesetzten seien durch die Übertragungsanordnungen vom 16. August 2004 bzw. 25. Juni 2009 erfüllt, auch wenn eine Einreihung in die Aufzählung der Ämter in Nr. 6 der Anordnungen in der Vergangenheit unterblieben sei. Unabhängig hiervon folge die Eigenschaft eines Dienstvorgesetzten aus § 5 Abs. 1 Satz 3 LBG. Die Aufgaben des Dienstvorgesetzten würden nicht ausschließlich vom Behördenleiter wahrgenommen. Dem Leiter ZSE I seien dienstrechtliche Entscheidungskompetenzen durch Organisationakt der Behördenleitung übertragen, so dass mit diesem Dienstposten die Eigenschaft eines Dienstvorgesetzten verbunden sei. Jedenfalls sei ein etwaiger Zuständigkeitsmangel inzwischen geheilt, nachdem der Polizeipräsident Herrn G... auf der Grundlage der Übertragungsanordnung vom 10. August 2011 mit Schreiben vom 12. Oktober 2011 rückwirkend zum Dienstvorgesetzten für die beim Polizeipräsidenten beschäftigten Beamten bestimmt habe. Eine solche Rückwirkung sei mit dem Grundsatz des Vertrauensschutzes vereinbar.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte, die Akte des Strafverfahrens 8 Ju Js 200/02 der Staatsanwaltschaft Berlin und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge (Personalakten und Disziplinarakten) Bezug genommen, die vorgelegen haben und deren Inhalt - soweit wesentlich - Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist.

Entscheidungsgründe

Über die Berufung ist nach Maßgabe des Disziplinargesetzes (DiszG) vom 29. Juni 2004 (GVBl. S. 263) zu entscheiden, obwohl die disziplinarischen Vorermittlungen bereits vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes am 1. August 2004 eingeleitet wurden. Nach § 49 Abs. 1 Satz 1 DiszG werden die nach bisherigem Recht eingeleiteten Disziplinarverfahren in der Lage, in der sie sich bei Inkrafttreten des Disziplinargesetzes befinden, nach diesem Gesetz fortgeführt, soweit in den Absätzen 2 bis 8 nichts Abweichendes bestimmt ist. Das ist hier nicht der Fall. Nach § 49 Abs. 3 Satz 1 DiszG werden zwar die vor Inkrafttreten dieses Gesetzes eingeleiteten förmlichen Disziplinarverfahren nach bisherigem Recht fortgeführt; diese Voraussetzung liegt jedoch nicht vor, weil ein förmliches Disziplinarverfahren gegen den Beklagten vor Inkrafttreten des Disziplinargesetzes vom 29. Juni 2004 noch nicht eingeleitet worden war.

Die zulässige Berufung ist begründet. Die Disziplinarklage ist unzulässig, weil sie nicht von der zuständigen Stelle erhoben worden ist.

Gemäß § 34 Abs. 2 Satz 1 DiszG wird die Disziplinarklage bei (aktiven) Beamtinnen und Beamten durch die oberste Dienstbehörde erhoben. Diese kann gemäß Satz 2 der Vorschrift ihre Befugnis nach Satz 1 durch allgemeine Anordnung ganz oder teilweise auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte übertragen; die Anordnung ist im Amtsblatt für Berlin zu veröffentlichen. Ergänzend bestimmt § 2 Abs. 4 Satz 2 DiszG, dass, soweit Befugnisse auf nachgeordnete Dienstvorgesetzte übertragen werden können, dies entsprechend für die Übertragung auf Dienstbehörden gilt. Auf dieser Grundlage hat die Senatsverwaltung für Inneres in Nr. 2 der Anordnung zur Übertragung von Befugnissen der Senatsverwaltung für Inneres nach dem Disziplinargesetz und zur Durchführung des Disziplinargesetzes im Zuständigkeitsbereich der Beamtinnen und Beamten der Berliner Polizei und Feuerwehr (Übertragungsanordnung) vom 16. August 2004 (ABl. S. 3387) bestimmt, dass die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage nach § 34 Abs. 2 Satz 1 DiszG für die Beamtinnen und Beamten der Polizei, die nicht dem höheren Dienst angehören, auf die jeweilige Leiterin/den jeweiligen Leiter der für Disziplinarrecht zuständigen Abteilung übertragen wird. Die an die Stelle dieser Anordnung getretenen späteren Übertragungsanordnungen vom 25. Juni 2009 (ABl. S. 1885) und vom 17. August 2011 (ABl. S. 2124) stimmen damit wörtlich überein, letztere mit dem Zusatz, dass der Leiter der für Disziplinarrecht zuständigen Abteilung als nachgeordneter Dienstvorgesetzter bezeichnet wird.

Diesen Anforderungen genügt die vorliegende Klageschrift nicht.

1. Nach ihrem äußeren Bild und der ihr zugrunde liegenden Aktenverfügung ist die Klage als Prozesshandlung des Polizeipräsidenten in Berlin zu verstehen. Die Klage ist auf einem Kopfbogen des Polizeipräsidenten in Berlin gefertigt, vom Leiter ZSE I „Im Auftrag“ unterzeichnet und vor Abgang dem Polizeipräsidenten zur Zustimmung vorgelegt worden. Ausweislich der Klageschrift soll das Land Berlin durch den Polizeipräsidenten in Berlin, Zentrale Serviceeinheit, vertreten werden, nicht aber durch den Leiter der für Disziplinarrecht zuständigen Abteilung.

Der Umstand, dass die bei Gericht eingereichte Klageschrift die Unterschrift dieses Abteilungsleiters trägt, rechtfertigt bei dieser Sachlage nicht die Annahme, es handele sich um eine von Herrn G... im eigenen Namen abgegebene Prozesserklärung. Eine Behörde wird grundsätzlich nach außen durch ihren Leiter - hier den Polizeipräsidenten als Amtsinhaber - vertreten. Es entspricht zwar allgemeiner Verwaltungspraxis, dass der Leiter einer Behörde die in deren Zuständigkeit fallenden hoheitlichen Aufgaben nicht persönlich wahrnehmen muss, sondern damit auch seinen Vertreter und weitere Mitarbeiter seiner Behörde betrauen kann (vgl. BVerwG, Beschlüsse vom 21. August 1995 - 2 B 83.95 -, juris Rn. 7, vom 26. Februar 2008 - 2 B 122.07 -, juris Rn. 17, und vom 16. März 2010 - 2 B 3.10 -, juris Rn. 9). Nimmt ein Mitarbeiter kraft Organisationsakts der Behördenleitung im Einzelfall die Aufgaben der Dienstbehörde oder des Behördenleiters als Dienstvorgesetzten wahr, handelt er jedoch nicht im eigenen Namen, sondern „in Vertretung“ oder - wie hier - „im Auftrag“ des Behördenleiters.

Das Vorbringen des Klägers, der Leiter ZSE I habe mit der Schlusszeichnung des Verfügungsentwurfs nach § 53 Abs. 3 der Gemeinsamen Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung - Allgemeiner Teil (GGO I) vom 8. Mai 2001 (DBl. I S. 61), zuletzt geändert durch Verwaltungsvorschriften vom 24. Oktober 2006, auch die Verantwortung für den Inhalt des Schriftstücks übernommen, führt hier nicht weiter; denn dieser Umstand besagt nichts zu der Frage, in wessen Namen der Abteilungsleiter tätig geworden ist. Im Übrigen gilt für alle Mitarbeiter, die den Entwurf vorgelegt und ihn auf dem Dienstweg bis zum Polizeipräsidenten weitergegeben haben, gleichermaßen, dass mit ihrer Abzeichnung die Übernahme der Verantwortung für den Inhalt verbunden ist (vgl. § 52 Abs. 1 und 2 i.V.m. § 53 Abs. 3 GGO I).

Hiervon ausgehend ist die Klage unzulässig, weil es an einer Übertragung der Befugnis zur Klageerhebung an den Polizeipräsidenten in Berlin (als Amtsträger oder als Behörde) fehlt. Denn diese Befugnis ist einem nachgeordneten Funktionsträger seiner Behörde, dem Leiter der für Disziplinarrecht zuständigen Abteilung, übertragen worden, der - wie Nr. 8 der Übertragungsanordnung vom 17. August 2011 nunmehr bestätigt - in eigenem Namen handeln soll. Für die Annahme, der Polizeipräsident habe als höherer Dienstvorgesetzter das Verfahren gemäß § 34 Abs. 2 Satz 3 in Verbindung mit § 17 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz DiszG an sich gezogen und sodann den Leiter jener Abteilung ermächtigt, in seinem Auftrag Klage zu erheben, fehlt es an konkreten Anhaltspunkten im Aktenmaterial.

2. Dieser Mangel ist nicht nach § 55 Abs. 3 BDG (i.V.m. § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG, § 41 DiszG) durch Einreichen einer vom Leiter ZSE I im eigenen Namen unterzeichneten Klageschrift heilbar, da die Klage auch in diesem Fall unzulässig wäre (dazu a) und es sich unabhängig davon auch nicht um einen heilbaren Mangel im Sinne dieser Vorschriften handelt (dazu b).

a) Eine Klageerhebung durch den Leiter ZSE I wäre zwar durch Nr. 2 der Übertragungsanordnung (in allen in Betracht kommenden Fassungen) gedeckt. Gleichwohl wäre die Klage auch in diesem Fall unzulässig, weil die Übertragung nicht mit § 34 Abs. 2 Satz 2 bzw. § 2 Abs. 4 Satz 2 DiszG vereinbar ist. Denn der Leiter ZSE I ist weder selbst Dienstvorgesetzter noch ist die von ihm geleitete Abteilung ZSE I als solche Dienstbehörde.

aa) Mit den Begriffen des Dienstvorgesetzten und der Dienstbehörde nimmt das DiszG auf die Terminologie des Landesbeamtengesetzes (LBG) Bezug, das - insoweit gleichlautend in der Fassung vom 19. Mai 2003 (GVBl. S. 202), geändert durch Gesetz vom 18. Dezember 2004 (GVBl. S. 516), und der Neufassung vom 19. März 2009 (GVBl. S. 70) - in den §§ 4 und 5 diese Begriffe definiert. Nach § 4 LBG ist Dienstbehörde die Behörde, die für beamtenrechtliche Entscheidungen unmittelbar zuständig ist. Dienstvorgesetzter ist nach § 5 Abs. 1 Satz 1 LBG, wer, ohne oberste Dienstbehörde oder Dienstbehörde zu sein, für beamtenrechtliche Entscheidungen zuständig ist. Im Bereich der Hauptverwaltung bestimmt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBG die zuständige Senatsverwaltung, wer Dienstvorgesetzter ist, soweit sie ihre Befugnis nicht auf nachgeordnete Behörden überträgt. Fehlt es an einer solchen Bestimmung, nimmt gemäß § 5 Abs. 1 Satz 3 LBG die Dienstbehörde seine Befugnisse wahr.

Dafür, dass der Leiter ZSE I im Zeitpunkt der Klageerhebung von der Senatsverwaltung für Inneres (oder nach etwaiger Übertragung durch den Polizeipräsidenten) beamtenrechtlich zum Dienstvorgesetzten bestimmt war, ist nichts ersichtlich. Wie der Kläger mitgeteilt hat, war bislang eine im Beamtenrecht wurzelnde Übertragungsanordnung dieses Inhalts nicht ergangen.

Die nunmehr vom Polizeipräsidenten getroffene Regelung führt - unabhängig von der Frage, auf welchen Zeitpunkt es für das Vorliegen der Sachurteilsvoraussetzungen ankommt (vgl. dazu Senatsurteil vom 29. Juni 2011 - OVG 80 D 4.09 -, UA S. 11) - im Ergebnis zu keiner anderen Beurteilung. Durch die am 27. August 2011 in Kraft getretene Anordnung zur Übertragung der Befugnisse der Senatsverwaltung für Inneres und Sport zur Bestimmung von Dienstvorgesetzten nach § 5 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 LBG auf den Polizeipräsidenten in Berlin und die Berliner Feuerwehr (Übertragungsanordnung) vom 10. August 2011 (ABl. S. 2022) wurde die Befugnis zur Bestimmung von Dienstvorgesetzten für die Beschäftigten des Polizeipräsidenten in Berlin auf den Polizeipräsidenten in Berlin übertragen. Hieran knüpfend hat der Polizeipräsident (durch seine Vertreterin) unter dem 12. Oktober 2011 in einem an den Leiter ZSE I gerichteten Schreiben folgendes bestimmt:

„Mit der Wahrnehmung der Aufgaben als Leiter der für das Personalwesen zuständigen Abteilung I der ZSE üben Sie bereits die Funktion eines Dienstvorgesetzten gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBG für die beim Polizeipräsidenten in Berlin beschäftigten Beamtinnen und Beamten aus.

Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport hat mir mit der Anordnung vom 10. August 2011 die Befugnis zur Bestimmung von Dienstvorgesetzten formal nach § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBG übertragen. Die Anordnungsbefugnis wurde im Amtsblatt für Berlin Nr. 37 vom 26.08.2011 veröffentlicht und ist am Tag nach der Veröffentlichung in Kraft getreten.

Auf der Grundlage der o.g. Übertragungsanordnung bestimme ich Sie nunmehr auch formal gemäß § 5 Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 LBG für die beim Polizeipräsidenten in Berlin beschäftigten Beamtinnen und Beamten zum Dienstvorgesetzten. Diese Bestimmung umfasst auch dienstrechtliche Entscheidungen, die Sie in der Vergangenheit als Dienstvorgesetzter i.S. des § 5 Abs. 1 Satz 1 LBG getroffen haben.“

Die hierin getroffene Regelung für in der Vergangenheit getroffene Entscheidungen erfasst die vorliegende Disziplinarklage nicht, weil sie voraussetzt, dass der Leiter ZSE I jedenfalls faktisch als Dienstvorgesetzter gehandelt hat, während die Klage hier gerade im Namen des Polizeipräsidenten erhoben worden ist. Der einleitende Hinweis, der Leiter ZSE I übe die Funktion eines Dienstvorgesetzten aus, knüpft an den auch vom Kläger hervorgehobenen Umstand an, dass zahlreiche Personalentscheidungen unter der Verantwortung des Leiters ZSE I entschieden und schlussgezeichnet werden (vgl. die vom Kläger vorgelegte und in das Verfahren eingeführte Übersicht). Dies rechtfertigt indessen nicht den von ihm und dem Polizeipräsidenten gezogenen Schluss, mit dem Dienstposten des Abteilungsleiters sei die Eigenschaft eines Dienstvorgesetzten verbunden. Zwar trifft es zu, dass die Dienstbehörde, die nach § 5 Abs. 1 Satz 3 DiszG die Befugnisse des Dienstvorgesetzten wahrnimmt, als solche nicht handlungsfähig ist, vielmehr der menschlichen Komponente, der Amtswalter, bedarf. Das bedeutet jedoch nicht, dass jeder Mitarbeiter der Behörde, dem Entscheidungskompetenzen übertragen sind, damit quasi automatisch zum Dienstvorgesetzten würde und im eigenen Namen handelte. Vielmehr wird die Behörde auch dann nach außen durch ihren Leiter vertreten, wenn deren Mitarbeiter im Einzelfall „im Auftrag“ des Behördenleiters dessen Aufgaben wahrnehmen. Allein dadurch, dass die Mitarbeiter durch Ab- oder Schlusszeichnung eines Verfügungsentwurfs Verantwortung für dessen Inhalt übernehmen, erlangen sie nicht die Stellung eines Dienstvorgesetzten. Warum speziell der Leiter ZSE I abweichend hiervon jedenfalls faktisch die Funktion eines Dienstvorgesetzten ausüben sollte, hat der Kläger nicht nachvollziehbar erläutert und ist auch sonst nicht ersichtlich. Insbesondere ist nicht erkennbar, dass jener Abteilungsleiter in der Behördenhierarchie eine herausgehobene Stellung innehätte, die die Eigenschaft eines Dienstvorgesetzten begründen könnte.

Der Hinweis des Klägers, Beamte in einer Behörde könnten mehrere Dienstvorgesetzte haben (so BVerwG, Urteil vom 1. Juni 1995 - 2 C 20.94 -, juris Rn. 18), führt hier nicht weiter, weil diese Aussage auf andere Fallkonstellationen zielt. Wie sich auch aus der vom Bundesverwaltungsgericht zitierten Literatur ergibt, steht sie im Zusammenhang mit dem hierarchischen Behördenaufbau und betrifft in erster Linie Beamte, die bei einer mittleren oder unteren Behörde beschäftigt sind. So ist bei letzteren zu unterscheiden zwischen dem Leiter der Beschäftigungsbehörde als unmittelbarem Dienstvorgesetzten, dem Leiter der übergeordneten Behörde als höherem Dienstvorgesetzten und dem Leiter der obersten Dienstbehörde als höchstem Dienstvorgesetzten (vgl. Lemhöfer, in: Plog/Wiedow, BBG, § 3 BBG a.F. Rn. 14; Summer, in: Weiß/Niedermaier/Summer/Zängl, BayBG, Art. 3 Rn. 5; zu einem speziellen Fall im Hochschulbereich auch BVerwG, wie zuletzt zitiert). Hiervon zu trennen ist die Frage der Delegierbarkeit der Aufgaben des Dienstvorgesetzten innerhalb der Behörde (vgl. Lemhöfer, a.a.O. Rn. 14 a; Summer, a.a.O. Rn. 6). Wenn diese Aufgaben einem Beschäftigten der Behörde übertragen werden, handelt dieser - wie ausgeführt - im Auftrag des Behördenleiters, ohne selbst Dienstvorgesetzter zu sein.

bb) Ebenso wenig ergibt sich aus Disziplinarrecht, dass der Leiter ZSE I Dienstvorgesetzter wäre. Allerdings kann die für Beamte der Polizeibehörde zuständige oberste Dienstbehörde nach § 47 DiszG durch allgemeine Anordnung bestimmen, welche Vorgesetzten als Dienstvorgesetzte und als höhere Dienstvorgesetzte im Sinne dieses Gesetzes gelten. Die hierzu in Nr. 6 der Übertragungsanordnungen vom 16. August 2004 und 25. Juni 2009 getroffenen Regelungen erwähnen indessen den Leiter ZSE I nicht. Für die Beamten, die - wie der Beklagte - bei den örtlichen Direktionen beschäftigt sind, gelten vielmehr der jeweilige Direktionsleiter als Dienstvorgesetzter (Abs. 1 Buchst. a) sowie der Polizeipräsident und der Polizeivizepräsident als höherer Dienstvorgesetzter (Abs. 2 Buchst. a). Hinsichtlich der Zentralen Serviceeinheit ist in Abs. 1 Buchst. a allein bestimmt, dass der Amtsleiter als Dienstvorgesetzter für die dort beschäftigten Beamten gilt.

Entgegen der Auffassung des Klägers ist der Leiter ZSE I nicht deswegen Dienstvorgesetzter, weil ihm in Nr. 2 jener Übertragungsanordnungen die Befugnis zur Klageerhebung übertragen worden ist. § 34 Abs. 2 Satz 2 DiszG setzt voraus, dass der Amtsträger, dem die Befugnis übertragen werden soll, bereits Dienstvorgesetzter ist. Würde allein die Übertragung der Befugnis ausreichen, um die Eigenschaft eines Dienstvorgesetzten zu begründen, wäre die gesetzliche Voraussetzung obsolet.

Ebenso wenig überzeugt der Einwand, im Falle des Leiters ZSE I sei lediglich die formale Einreihung in die Aufzählung der Ämter in Nr. 6 jener Übertragungsanordnungen unterblieben. Die Auffassung des Klägers, die materiellen und formellen Vorgaben des § 47 DiszG seien in Bezug auf den Leiter ZSE I erfüllt, trifft nicht zu. Denn der Leiter ZSE I ist nicht - wie von der Norm gefordert - Vorgesetzter aller Beamten der Polizei, für die ihm disziplinare Befugnisse übertragen sind. Nach Sinn und Zweck der Norm, die Disziplinarbefugnisse wegen der Eigenheiten des Polizeivollzugsdienstes näher an die Vorgesetzten möglichst „vor Ort“ zu bringen (vgl. zur entsprechenden Regelung in § 82 BDG Weiß, in: Fürst, GKÖD Band II, M § 82 Rn. 2), ist die Ermächtigung des § 47 DiszG darauf beschränkt, Vorgesetzte für die ihnen unterstellten Beamten zu Dienstvorgesetzten zu bestimmen. Gemäß § 5 Abs. 2 LBG ist Vorgesetzter, wer einem Beamten für seine Tätigkeit dienstliche Anordnungen erteilen kann. Diese Befugnis kann auf der Grundlage des § 47 DiszG auf disziplinarrechtliche Entscheidungen erweitert werden. Dementsprechend gelten nach Nr. 6 Abs. 1 der Übertragungsanordnungen die Leiter der jeweiligen Organisationseinheit für die dort beschäftigten Beamten als Dienstvorgesetzte. Ebenso sind in § 1 der Verordnung zu § 82 Bundesdisziplinargesetz vom 16. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2004) die dort aufgeführten Vorgesetzten zu Dienstvorgesetzten „der ihnen nachgeordneten“ Polizeivollzugsbeamten bestimmt worden. Der Leiter ZSE I ist indessen nur für die Mitarbeiter seiner Abteilung Vorgesetzter, nicht aber für die übrigen Beamten der Berliner Polizei, die nicht dem höheren Dienst angehören. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, dass nunmehr nach Nr. 6 Abs. 1 Buchst. h der Übertragungsanordnung vom 17. August 2011 auch der Leiter der für Disziplinarrecht zuständigen Abteilung für die Befugnis zur Erhebung der Disziplinarklage als Dienstvorgesetzter gelten soll.

cc) Schließlich ist die vom Leiter ZSE I geführte Abteilung der Zentralen Serviceeinheit nicht als solche Dienstbehörde. Der Umstand, dass eine Vielzahl von Vorgängen und Sachverhalten unter seiner Verantwortung entschieden und schlussgezeichnet werden, hat nicht zur Folge, dass die Abteilung hierdurch zur Dienstbehörde würde. Vielmehr werden diese nach der behördeninternen Geschäftsverteilung übertragenen Entscheidungen mangels spezieller Regelung wie auch sonst „im Auftrag“ des Behördenleiters getroffen.

Unabhängig hiervon bestehen auch in der Sache durchgreifende Bedenken gegen die in Nr. 2 der Übertragungsanordnungen getroffene Regelung, weil sie die hierarchische Zuordnung der Disziplinarbefugnisse durchbricht. Das Disziplinargesetz geht davon aus, dass diese Befugnisse allein vom Dienstvorgesetzten, dem höheren Dienstvorgesetzten oder der obersten Dienstbehörde wahrgenommen werden, und trifft insoweit differenzierte Regelungen (vgl. etwa zu den Disziplinarmaßnahmen § 33 Abs. 2 und 3, § 34 Abs. 2 Satz 1 DiszG; zur Aufsichtsfunktion § 17 Abs. 1 Satz 2 DiszG). Diese Struktur des Disziplinarverfahrens schließt es aus, einem Funktionsträger, der nicht selbst zu dem Kreis der Dienstvorgesetzten zählt, als „nachgeordnetem Dienstvorgesetzten“ (so Nr. 3 der Übertragungsanordnungen) eigene disziplinare Befugnisse mit der Folge zuzuweisen, dass die nach dem Gesetz zuständigen Dienstvorgesetzten ganz oder teilweise ausgeschlossen sind. Dementsprechend sind in den übrigen Übertragungsanordnungen im Land Berlin (zusammengestellt bei Weiß, a.a.O., unter D 076) durchweg nachgeordnete Behörden oder Behördenleiter ermächtigt worden, nicht aber einzelne Amtsträger innerhalb dieser Behörden.

Eine solche Zuständigkeitsübertragung ist darüber hinaus auch mit dem in Art. 20 Abs. 2 GG verankerten demokratischen Prinzip unvereinbar, das fordert, dass alle Staatsgewalt vom Volke ausgeht und von diesem in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt wird; diese bedürfen hierfür einer Legitimation, die sich auf die Gesamtheit der Bürger als Staatsvolk zurückführen lässt. Für die unmittelbare Staatsverwaltung erfordert die verfassungsrechtlich notwendige demokratische Legitimation eine ununterbrochene Legitimationskette vom Volk zu den mit staatlichen Aufgaben betrauten Organen und Amtswaltern (vgl. BVerfG, Beschluss vom 5. Dezember 2002 - 2 BvL 5/98 u.a. -, juris Rn. 131 f. m.w.N.). Inhaltlich wird das exekutivische Handeln durch die Gesetzesbindung, die parlamentarische Verantwortung der Regierung bzw. durch Weisungsunterworfenheit legitimiert (vgl. Sachs, GG, 5. Auflage 2009, Art. 20 Rn. 41). Wird ein nachgeordneter Amtswalter - wie hier - ohne gesetzliche Grundlage anstelle des Behördenleiters mit der eigenständigen Wahrnehmung von Aufgaben beauftragt, scheidet er aus der behördlichen Hierarchie aus, ohne selbst demokratisch legitimiert zu sein.

Fehlt es an einer (wirksamen) Übertragung der Befugnis zur Klageerhebung, verbleibt es bei der Zuständigkeit der obersten Dienstbehörde, hier der Senatsverwaltung für Inneres und Sport. Da die Klage nicht von dieser Behörde erhoben worden ist, ist sie unzulässig.

b) Eine Heilung des Zuständigkeitsmangels gemäß § 55 Abs. 3 BDG (i.V.m. § 65 Abs. 1 Satz 1 BDG, § 41 DiszG) kommt nicht in Betracht. Nach § 55 Abs. 3 Satz 1 BDG kann das Gericht dem Dienstherrn zur Beseitigung eines wesentlichen Mangels, dessen Berücksichtigung es für angezeigt hält, eine Frist setzen. Wesentliche Mängel in diesem Sinne sind, wie sich aus § 55 Abs. 1 BDG ergibt, solche des behördlichen Disziplinarverfahrens oder der Klageschrift. Ein wesentlicher Mangel der Klageschrift liegt vor, wenn diese nicht den gesetzlichen Anforderungen an die ordnungsgemäße Erhebung der Disziplinarklage, etwa den Vorgaben des § 52 Abs. 1 Satz 2 BDG für den Inhalt der Klageschrift entspricht (vgl. BVerwG, Urteil vom 25. Januar 2007 - 2 A 3.05 - juris Rn. 26 f.; Weiß, a.a.O., M § 55 Rn. 26). Zugeschnitten ist die Vorschrift danach auf formale Mängel der Klageschrift, die behebbar sind (zur Behebbarkeit als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal vgl. Gansen, Disziplinarrecht in Bund und Ländern, § 55 Rn. 8; Weiß, a.a.O., M § 55 Rn. 38). Ein solcher nur formaler Mangel liegt im Fall der Disziplinarklageerhebung durch die unzuständige Behörde indes nicht vor. Denn die Zuständigkeit zur Klageerhebung wirkt sich nicht nur auf der formellen Ebene aus, etwa bei der Frage, wer die Klageschrift zu fertigen und einzureichen hat. Vielmehr räumt das Gesetz der zuständigen Stelle ein materielles Entschließungsermessen im Hinblick auf die Frage ein, ob Disziplinarklage erhoben werden soll (vgl. dazu Weiß, a.a.O., M § 34 Rn. 24, M § 32 Rn. 51). Der Dienstherr hat auf der Grundlage einer prognostischen Gesamtwürdigung nach den Bemessungsregeln und -maßstäben des § 13 Abs. 1 Satz 2 bis 4 DiszG zu entscheiden, ob das Disziplinarverfahren nach § 32 DiszG einzustellen, eine Disziplinarverfügung nach § 33 DiszG zu erlassen oder Disziplinarklage nach § 34 DiszG zu erheben ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Januar 2011 - 2 A 5.09 -, juris Rn. 42). Dieses Ermessen wird unterlaufen, wenn im gerichtlichen (Berufungs-)Verfahren auf die Aufforderung des Gerichts zur Mängelbeseitigung die zuständige Behörde die Disziplinarklage erhebt (vgl. Senatsurteil vom 4. Dezember 2008 - OVG 80 D 4.08 - UA S. 9 f.; im Ergebnis ebenso Köhler, in: Hummel/Köhler/Mayer, BDG, 4. Auflage 2009, § 55 Rn. 5; offen gelassen vom BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007 - 2 B 113.07 -, juris Rn. 7). Insofern unterscheidet sich der vorliegende Fall durchgreifend von den Fällen, in denen in der Rechtsprechung bei Verstößen gegen die entsprechenden Zuständigkeitsregelungen des BDG die Möglichkeit einer Heilung durch Einreichen einer neuen Klageschrift bejaht wurde (vgl. BVerwG, Beschluss vom 18. Dezember 2007, a.a.O.; OVG Lüneburg, Urteil vom 3. Juni 2008 - 6 LD 2/06 -, juris Rn. 97). Während dort der Unterzeichner der Klageschriften diese fehlerhaft in Namen der von ihm geleiteten Dienstbehörde statt (als Dienstvorgesetzter) in eigenem Namen eingereicht hatte, die Verantwortung für die Klageerhebung mithin in beiden Varianten bei ihm lag, steht hier die Zuständigkeit einer anderen Behörde in Rede.

Nichts anderes würde im Übrigen für den Fall gelten, dass - entgegen den Ausführungen unter a) - die Übertragung der Befugnis zur Klageerhebung auf den Leiter ZSE I wirksam wäre. Auch in diesem Falle wäre das Entschließungsermessen der zuständigen Stelle berührt, unabhängig davon, dass eine mängelfreie Klageschrift ebenfalls vom Leiter ZSE I zu unterzeichnen wäre. Denn die Verantwortung für die Klage wäre auf einen anderen Amtsträger verlagert. Die hier eingereichte Klageschrift ist vom Leiter ZSE I im Namen des Behördenleiters nach dessen ausdrücklicher Zustimmung eingereicht worden; sie beinhaltet mithin eine Ermessensentscheidung des Polizeipräsidenten. Nach Nr. 2 der Übertragungsanordnungen wäre über die Klageerhebung und den Inhalt der Klageschrift dagegen allein vom Leiter ZSE I zu entscheiden.

Ebenso wenig kann der Zuständigkeitsmangel auf andere Weise geheilt werden. Die Senatsverwaltung für Inneres und Sport kann das Disziplinarklageverfahren nicht als oberste Dienstbehörde nachträglich an sich ziehen (vgl. § 34 Abs. 2 Satz 3 i.V.m. § 17 Abs. 1 Satz 2 zweiter Halbsatz DiszG). Denn der Selbsteintritt der obersten Dienstbehörde setzt voraus, dass die Disziplinarbefugnisse zuvor wirksam übertragen wurden und die zuständige Behörde die Disziplinarklage erhoben hat (vgl. Weiß, a.a.O., M § 34 Rn. 49). Abgesehen davon hat die Senatsverwaltung auch nicht erklärt, das Verfahren an sich ziehen zu wollen, sondern geht von der Zulässigkeit der von ihr vorgenommenen Übertragung aus. Schließlich hat sie auch nicht die Disziplinarklageerhebung durch den Polizeipräsidenten genehmigt. Im Übrigen würde die Möglichkeit einer nachträglichen Genehmigung zu einer Umgehung der Zuständigkeitsvorschriften in § 34 Abs. 2 DiszG sowie des Verbots der Einzeldelegation (vgl. dazu Weiß, a.a.O., M § 34 Rn. 46) führen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 41 DiszG, § 77 Abs. 1 BDG in Verbindung mit § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus § 3 DiszG in Verbindung mit § 167 Abs. 1 Satz 1 VwGO, § 708 Nr. 10, § 711 ZPO.

Die Revision war gemäß § 41 DiszG, § 69 BDG in Verbindung mit § 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO, § 127 Nr. 2 BRRG zuzulassen, weil die Rechtssache im Hinblick auf die höchstrichterlich noch nicht geklärten Fragen zu den Voraussetzungen für eine Übertragung der Befugnis zur Klageerhebung (§ 34 Abs. 2 Satz 2 DiszG) und zur Heilung von Mängeln der Klageschrift (§ 55 Abs. 3 BDG) grundsätzliche Bedeutung hat.