Gericht | LArbG Berlin-Brandenburg 26. Kammer | Entscheidungsdatum | 20.03.2014 | |
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Aktenzeichen | 26 Sa 2223/13 | ECLI | ||
Dokumententyp | Urteil | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 426 BGB, § 28 VVG, § 86 VVG, § 103 VVG, § 115 VVG, § 116 VVG, § 123 VVG, D.1.2 AKB, F.3.1 AKB |
1. Der Fahrer und der Versicherer haften nach § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG als Gesamtschuldner. Versicherungsnehmer iSd. § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG ist auch der mitversicherte Fahrer (vgl. BGH 13. Juli 1988 - IVa ZR 55/87 - VersR 1988, 1062, Rn. 12, zu § 3 Nr. 9 aF. PflVersG).
2. § 116 Abs. 1 Satz 1 VVG bestimmt als anderweitige Regelung iSv. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB für den Normalfall des uneingeschränkt bestehenden Versicherungsschutzes, dass die Aufwendungen im Innenverhältnis vollständig und allein vom Versicherer zu tragen sind. Abweichendes gilt nach § 116 Abs. 1 Satz 2 VVG im Falle der Leistungsfreiheit des Versicherers. In der Kfz.-Haftpflichtversicherung ist die Leistungsfreiheit nach §§ 5, 6 KfzPflVV wegen Verletzung einer Obliegenheit begrenzt und auch im Falle grober Fahrlässigkeit dem Umfang nach ggf. eingeschränkt, § 28 Abs. 2 VVG.
3. Nicht jedes Abweichen von der an sich vorgesehenen Strecke macht den Fahrer eines Fahrzeugs zu einem unberechtigten Fahrer iSv. D.1.2 AKB. Eine Fahrt wird dann unberechtigt, wenn sie bei natürlicher und verkehrsgerechter Betrachtung durch die gegebene Genehmigung nicht mehr gedeckt ist (vgl. BGH 22. Oktober 1969 - IV ZR 630/68 - VersR 69, 1107).
4. Der Haftpflichtversicherer kann einem Arbeitnehmer (Fahrer) im Innenverhältnis auch nicht nach § 86 Abs. 1, 2 VVG die Einwendungen entgegen halten, die dessen Arbeitgeberin ihm gegenüber hätte einwenden können, hier die unterlassene Sicherung des Ölkanisters. Der mitversicherter Fahrer ist nicht Dritter iSd. Vorschrift. In der Kfz.-Haftpflichtversicherung sind Fahrer - anders als in der Kfz.-Kaskoversicherung - mitversicherte Personen (A.1.2 AKB, § 2 Abs. 2 Nr. 3 Kfz-PflVV, vgl. auch BGH 5. Februar 1992 - IV ZR 340/90 - NJW 1992, 1507).
Der Kläger macht als mitversicherter Fahrzeugführer gegen die Beklagte die Erstattung eines Betrages geltend, den er für einen Feuerwehreinsatz an die Stadt F. (O.) gezahlt hat.
Der Kläger fuhr am 14. April 2009 mit einem Fahrzeug seiner Arbeitgeberin, welches bei der Beklagten haftpflichtversichert war, zu einer Baustelle in S.. Dort arbeitete er von 7:00 Uhr bis 16:00 Uhr. Auf der Rückfahrt von der Baustelle kippte ein unzureichend gesicherter Kanister mit Dieselkraftstoff auf der Ladefläche des Fahrzeugs um. Das führte in der A.-Str. in F. (O.) zu einer Verunreinigung der Fahrbahn. Der Kläger war berechtigt, mit dem Fahrzeug seiner Arbeitgeberin nach der Arbeit zu seinem Wohnort in F. (O.) zu fahren. Die A.-Str. liegt nicht auf dem direkten Weg des Klägers von S. zu dessen Wohnort, welcher sich in dem Stadtteil N. der Stadt F. (O.) befindet. Zur Beseitigung des Öls war ein Einsatz der Feuerwehr erforderlich. Nach dem Ereignis informierte der Kläger umgehend den Geschäftsführer seiner Arbeitgeberin über den Vorfall. Die Stadt F. (O.) stellte dem Kläger für den Feuerwehreinsatz mit Bescheid vom 17. November 2011 einen Betrag in Höhe von 654,22 Euro in Rechnung, den dieser beglich. Mit Schreiben vom 13. Dezember 2011 bestätigte die frühere Arbeitgeberin dem Kläger, dass er im Rahmen seiner damaligen Tätigkeit berechtigt gewesen sei, das Fahrzeug zu führen. Unter den Parteien ist streitig, ob der Kläger berechtigt war, den Umweg über die A.-Str. in F. (O.) zu machen. Nachdem die frühere Arbeitgeberin des Klägers eine Erstattung des Betrages abgelehnt hatte, erhob er die vorliegende Klage, welche zugleich auch gegen seine Arbeitgeberin gerichtet war. Die Klage gegen die Arbeitgeberin wies das Arbeitsgericht auf die mündliche Verhandlung vom 28. November 2012 ab. Dagegen hat der Kläger keine Berufung eingelegt.
Der Kläger hat behauptet, er habe am Morgen des 14. April 2009 vor Antritt der Fahrt zu der Baustelle die Ladung kontrolliert und festgezurrt. Der Kanister habe sich nicht auf der Ladefläche befunden. Ein anderer Mitarbeiter habe ohne sein Wissen den Kanister ungesichert auf die Ladefläche gestellt. Vor Antritt der Rückfahrt von der Baustelle habe er die Plane kontrolliert, welche noch ordnungsgemäß verschlossen gewesen sei. Der Schaden sei auf einer Fahrt im Rahmen seiner Arbeitsaufgaben eingetreten, nämlich auf dem Weg zur Fa. W., wo er habe Kleinmaterialien besorgen wollen. Nach einer ausdrücklichen generellen Weisung der Arbeitgeberin hätten Kleinmaterialien auf der Heimfahrt beschafft werden sollen, „weil man ja da vorbeikomme“. Auf den Stundenzetteln werde der Zeitpunkt eingetragen, zu dem die Baustelle verlassen werde, was die Beklagte nicht bestritten hat.
Der Kläger hat beantragt,
die Beklagte zu verurteilen, an ihn 654,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Dezember 2011 zu zahlen.
Die Beklagte hat beantragt, die Klage abzuweisen. Sie hat die Ansicht vertreten, nicht zur Zahlung verpflichtet zu sein. Zwischen ihr und dem Kläger bestehe kein Vertragsverhältnis. Außerdem habe der Kläger den Schaden selbst grob fahrlässig verursacht, da er den Kanister nicht ausreichend gesichert gehabt habe. Sie hat bestritten, dass der Kläger zum maßgeblichen Zeitpunkt berechtigt gewesen sei, das Fahrzeug zu führen. Nach dem Stundenzettel habe der Kläger nur bis 16:00 Uhr für die Beklagte gearbeitet. Eine Nachfrage bei der Fa. W. habe zudem ergeben, dass der Kläger am Schadenstag keine Abholung in einer ihrer Niederlassungen vorgenommen oder Bestellungen in Auftrag gegeben habe. Jedenfalls sei der Kläger nicht beauftragt gewesen, den Kanister zu transportieren, was dieser nicht bestreitet.
Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen und das damit begründet, der geltend gemachte Anspruch setze eine Haftung seiner ehemaligen Arbeitgeberin voraus, an der es jedoch fehle. Da die Klage gegen seine frühere Arbeitgeberin rechtskräftig abgewiesen worden sei, stehe fest, dass ein Anspruch des Klägers auf Erstattung der Kosten nicht bestehe. Aus Akzessorietätsgründen könne kein Anspruch des Klägers gegen die Versicherung bestehen. Außerdem sei im Innenverhältnis der Gesamtschuldner (Kläger/Arbeitgeber) die Last des Schadens nach den Anteilen an der Herbeiführung des Schadens aufzuteilen. Der Kläger habe grob fahrlässig gehandelt. Daher hätte die frühere Arbeitgeberin dem Kläger im Innenverhältnis nicht zu haften gehabt. Die Last des Schadens sei ausschließlich der Sphäre des Klägers zuzurechnen.
Der Kläger hat gegen das ihm am 3. Dezember 2013 zugestellte Urteil am 27. Dezember 2013 Berufung eingelegt und diese mit einem am 27. Januar 2014 beim Landesarbeitsgericht eingegangenen Schriftsatz begründet. Zur Begründung wiederholt er im Wesentlichen unter Auseinandersetzung mit der angefochtenen Entscheidung seinen erstinstanzlichen Vortrag. Das Arbeitsgericht habe die Grundsätze des Gesamtschuldnerausgleichs verkannt. Eine seitens des Arbeitsgerichts angenommene Akzessorietät bestehe nicht. Der Anspruch setze auch nicht die Haftung eines Dritten voraus. Insbesondere komme es nicht auf ein Leistungsverweigerungsrecht der Arbeitgeberin an. Ein Fall der Rechtskrafterstreckung des § 124 Abs. 2 VVG liege ersichtlich nicht vor. Ein Verursachungsbeitrag spiele vor dem Hintergrund des § 103 VVG keine Rolle, da vorsätzliches Handeln nicht in Rede stehe
Der Kläger beantragt,
das Urteil des Arbeitsgerichts F. (O.) vom 30. Oktober 2013 – 6 Ca 1675/12 – abzuändern und die Beklagte zu verurteilen, an ihn 654,22 Euro nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 8. Dezember 2011 zu zahlen.
Die Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Auch sie wiederholt im Wesentlichen ihren erstinstanzlichen Vortrag. Ein Anspruch scheitere bereits daran, dass der Kläger zum Zeitpunkt der Schadensverursachung nicht berechtigt gewesen sei, das Fahrzeug zu führen. Auch habe die Arbeitgeberin den Transport des Dieselkanisters nicht in Auftrag gegeben. Sie beruft sich insoweit auf D.3.1 AKB. Mangels eines Anspruchs des Klägers gegen seine Arbeitgeberin komme auch ein Anspruch über § 254 BGB nicht in Betracht. Im Übrigen scheitere die Forderung an einer Obliegenheitspflichtverletzung aus E.1.1 AKB, wonach das Schadensereignis innerhalb von einer Woche anzuzeigen ist. Das führe nach F.3 AKB iVm. E 5.1 AKB zu ihrer Leistungsfreiheit.
Wegen der Einzelheiten wird Bezug genommen auf die Schriftsätze der Parteien vom 27. Januar 2014 sowie vom 6. und 18. März 2014.
I. Die Berufung ist zulässig. Sie ist statthaft sowie form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden.
II. Die Berufung ist auch im Wesentlichen begründet, da die Klage ganz überwiegend begründet ist. Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung des geltend gemachten Betrages. Hinsichtlich der Zinsen ist die Forderung nur teilweise begründet.
1) Der Kläger hat gegen die Beklagte einen auf ihn nach § 426 Abs. 2 BGB übergegangen Anspruch auf Zahlung von 564,22 Euro der Kläger und Beklagte hafteten der Stadt F. (O.) wegen des Feuerwehreinsatzes als Gesamtschuldner. Nach der Erfüllung der Forderung der Stadt F. (O.) durch den Kläger hat dieser gegen die Beklagte einen Ausgleichsanspruch. Obliegenheitspflichtverletzungen mindern den Anspruch des Klägers nicht. Bei Bejahung grober Fahrlässigkeit hätte im Übrigen die maßgebliche Quote geprüft werden müssen. Die Beklagte kann dem Kläger als mitversichertem Fahrer auch nicht nach § 86 Abs. 2 VVG die Einwendungen entgegenhalten, auf die sich seine vormalige Arbeitgeberin ihm gegenüber berufen konnte. Der Kläger ist nicht Dritter iSd. Vorschrift. Es bestehen auch Zweifel, ob von grober Fahrlässigkeit seitens des Klägers hätte ausgegangen werden können. Den Anspruch könnte insoweit nur Vorsatz ausschließen, § 103 VVG. Hierfür ergeben sich aus dem Vortrag der Parteien keine Anhaltspunkte.
a) Aufgrund der Verschmutzung der Fahrbahn durch das ausgelaufene Öl stand der Stadt F. (O.) ein Anspruch auf Ersatz der zur Reinigung und Wiederherstellung der gefahrlosen Benutzbarkeit der Straße erforderlichen Aufwendungen jedenfalls nach § 7 Abs. 1 StVG, § 249 Abs. 2 BGB zu (vgl. BGH 15. Oktober 2013 - VI ZR 471/12 – VersR 2013, 1544, Rn 9).
b) Der Kläger und der Beklagte haften hierfür nach § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG als Gesamtschuldner. Versicherungsnehmer iSd. § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG ist auch der mitversicherte Fahrer. § 115 Abs. 1 Satz 4 VVG regelt ausdrücklich nur den Fall, dass Versicherer und Versicherungsnehmer dem Geschädigten gesamtschuldnerisch haften. Die Vorschrift findet jedoch entsprechend auch auf das Verhältnis zwischen dem Versicherer und dem mitversicherten Fahrer Anwendung. Dies folgt aus dem allgemeinen Grundsatz, dass - abgesehen von der Prämienzahlungsverpflichtung - bei Vorliegen einer Versicherung für fremde Rechnung - die Bestimmungen des VVG, des Pflichtversicherungsgesetzes und der AKB so auszulegen sind, dass überall dort, wo vom Versicherungsnehmer die Rede ist, der Versicherte ebenso gemeint ist (vgl. BGH 13. Juli 1988 - IVa ZR 55/87 - VersR 1988, 1062, Rn. 12, zu § 3 Nr. 9 aF. PflVersG).
c) Die Beklagte war nach § 116 Abs. 1 VVG der Stadt F. (O.) allein verpflichtet. Im Verhältnis der Gesamtschuldner ist der Versicherer nach dieser Vorschrift allein verpflichtet, soweit er dem Versicherungsnehmer aus dem Versicherungsverhältnis verpflichtet ist. Hier liegt kein Fall eines sog. „kranken Innenverhältnisses“ vor.
aa) § 116 Abs. 1 Satz 1 VVG bestimmt als anderweitige Regelung iSv. § 426 Abs. 1 Satz 1 BGB für den Normalfall des uneingeschränkt bestehenden Versicherungsschutzes, dass die Aufwendungen im Innenverhältnis vollständig und allein vom Versicherer zu tragen sind. Abweichendes gilt nach § 116 Abs. 1 Satz 2 VVG im Falle der Leistungsfreiheit des Versicherers. In der Kfz.-Haftpflichtversicherung ist die Leistungsfreiheit nach §§ 5, 6 KfzPflVV wegen Verletzung einer Obliegenheit begrenzt und auch im Falle grober Fahrlässigkeit dem Umfang nach ggf. eingeschränkt, § 28 Abs. 2 VVG. Danach ist der Versicherer selbst im Falle einer grob fahrlässigen Verletzung der Obliegenheit nur berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnisses zu kürzen. Außerdem bleibt es bei der Haftung des Versicherers, soweit die Verletzung der Obliegenheit weder für den Eintritt noch die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht des Versicherers ursächlich ist, § 28 Abs. 3 VVG.
bb) Wegen § 123 VVG war eine alleinige Haftung des Klägers als Mitversichertem im Innenverhältnis nicht ausgeschlossen. Der Kläger hat aber keine Obliegenheit grob fahrlässig oder vorsätzlich verletzt. Jedenfalls fehlte es aber auch an der erforderlichen Kausalität.
cc) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf einen Haftungsausschluss nach D.1.2 AKB berufen. Die Beklagte hält dem Kläger insoweit vor, er sei zum Zeitpunkt des schädigenden Ereignisses unberechtigter Fahrer gewesen.
(1) Aus dem Vortrag der Beklagten ergibt sich bereits nicht, dass der Kläger „unberechtigter Fahrer“ iSd. Vorschrift gewesen ist.
(a) Nicht jedes Abweichen von der an sich vorgesehenen Strecke macht den Fahrer eines Fahrzeugs zu einem unberechtigten Fahrer iSv. D.1.2 AKB. Eine Fahrt wird dann unberechtigt, wenn sie bei natürlicher und verkehrsgerechter Betrachtung durch die gegebene Genehmigung nicht mehr gedeckt ist (vgl. BGH 22. Oktober 1969 – IV ZR 630/68 - VersR 69, 1107). UU. kann auch von einer mutmaßlichen Einwilligung auszugehen sein. Der BGH (1. Dezember 1982 - IVa ZR 145/81 - VersR 83, 233) lässt auch die nachträgliche Genehmigung zu. Diese Grundsätze gelten auch, wenn ein zunächst berechtigter Fahrer die zeitlich, örtlich oder inhaltlich begrenzte Benutzungsgenehmigung nicht nur geringfügig überschritten hat.
(b) Hier kann bereits ein erhebliches Abweichen von einer genehmigten Fahrt nicht festgestellt werden. Eine konkrete Weisung seitens des Arbeitgebers, eine bestimmte Route zu fahren, behauptet die Beklagte selbst nicht. Es gibt auch keine Anhaltspunkte dafür, dass dem Kläger die konkrete Strecke ausdrücklich verboten worden wäre. Der Kläger war offenbar berechtigt, mit dem Fahrzeug von der Baustelle zu seinem Wohnsitz in F. (O.) zu fahren. Zunächst liegt eine Fahrzeit von einer Stunde - gerade zwischen 16:00 Uhr und 17:00 Uhr - in einem realistischen Rahmen. Angesichts der gesamten Fahrstrecke stellte der Weg über die A.-Str. in F. (O.) aber auch keinen bedeutenden Umweg dar. Nach der dazu ergangenen Rechtsprechung des BGH (Nachweise bei Maier in Stiefel/Maier, AKB D Rn. 41 ff.) werden deutlich weitere Umwege als unerhebliches Abweichen von der genehmigten Fahrt angesehen. Außerdem hat die Beklagte auch die Einlassung des Klägers nicht wiederlegt, er habe – entsprechend einer generellen Weisung seiner Arbeitgeberin – bei der Fa. W. in F. (O.), die ihren Geschäftssitz in der G.straße - einer Nebenstraße der A.-Str. - hat, Kleinteile kaufen wollen. Die Beklagte hat sich darauf beschränkt vorzutragen, der Kläger habe am konkreten Tag keine Weisung erhalten. Das widerspricht dem Vortrag des Klägers aber nicht.
Danach kann es im Ergebnis dahinstehen, wie die seitens der Arbeitgeberin des Klägers abgegebene Erklärung, der Kläger sei „berechtigter Fahrer“ gewesen, hier zu werten ist. Die Behauptung der Beklagten, die Arbeitgeberin des Klägers habe damit nur eine generelle Berechtigung des Klägers gemeint, ist allerdings nur schwer nachvollziehbar. Die Erklärung ist jedenfalls auch vor dem Hintergrund einer möglichen Obliegenheitspflichtverletzung abgegeben worden. Damit hätte die Arbeitgeberin die Fahrt jedenfalls genehmigt. Hiervon hätte sie kaum später rechtlich relevant wieder abweichen können.
(2) Darüber hinaus fehlt es jedenfalls an grober Fahrlässigkeit im Hinblick auf das Fehlen einer Berechtigung, die gewählte Strecke zu fahren. Bei einem derart geringfügigen Umweg innerhalb von F. (O.) musste der Kläger nicht auf den Gedanken kommen, unberechtigter Fahrer iSd. AKB zu werden.
(3) Auch gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass gerade die gewählte Strecke ursächlich dafür gewesen sein soll, dass ein Schaden eingetreten ist. Angelegt war der Schadensverlauf dadurch, dass sich auf dem Wagen ein ungesicherter Ölkanister befand, der Schadenseintritt danach absehbar. Hätte der Kläger eine andere Route gewählt, wäre der Schaden auf dieser - also ohnehin - eingetreten. Angesichts der durch die Stadt F. (O.) in Ansatz gebrachten geringen Kosten gibt es auch keine Anhaltspunkte dafür, dass der Ort des Schadensereignisses sich negativ auf die Höhe des Schadens ausgewirkt haben könnte. Auch für eine Gefahrerhöhung sind Gesichtspunkte nicht erkennbar.
cc) Die Beklagte kann sich nicht mit Erfolg auf einen Haftungsausschluss nach E.1.1, E.2.1, F.1, F.3.1 AKB berufen.
Es kann dahinstehen, ob der Beklagten der Schaden nicht unverzüglich angezeigt worden ist. Auf die Frage, ob und inwieweit der Kläger oder seine damalige Arbeitgeberin diese Verpflichtung verletzt haben und dem Kläger dies vorzuhalten wäre, kann dahinstehen. Nach E.6 AKB, § 28 Abs. 3 VVG steht diese Obliegenheitsverletzung dem Anspruch des Klägers nicht entgegen, wenn sie weder für die Feststellung des Versicherungsfalls noch für die Feststellung oder den Umfang der Leistungspflicht ursächlich war. Der Kläger bestreitet eine Ursächlichkeit. Die Beklagte trägt nicht vor, dass ihr dadurch irgendwelche Nachteile entstanden wären. Solche sind angesichts des eindeutigen und unbestrittenen Haftungsfalls auch kaum denkbar.
dd) Selbst eine grob fahrlässige und ursächliche Obliegenheitsverletzung führte nach § 28 Abs. 2 Satz 2 VVG bzw. der entsprechenden Regelung in den AKB nicht notwendig zu einer – vollständigen - Befreiung der Beklagten von der Leistungspflicht. Abzustellen gewesen wäre auf die Schwere des Verschuldens.
ee) Die Beklagte könnte dem Kläger im Innenverhältnis auch nicht nach § 86 Abs. 1, 2 VVG die Einwendungen entgegen halten, die seine damalige Arbeitgeberin ihm gegenüber hätte einwenden können, hier die unterlassene Sicherung des Ölkanisters.
(1) Der Kläger ist als mitversicherter Fahrer nicht Dritter iSd. Vorschrift. In der Kfz.-Haftpflichtversicherung sind Fahrer - anders als in der Kfz.-Kaskoversicherung - mitversicherte Personen (A.1.2 AKB, § 2 Abs. 2 Nr. 3 Kfz-PflVV, vgl. auch BGH 5. Februar 1992 - IV ZR 340/90 - NJW 1992, 1507). Sie sind als Mitversicherte in die durch den Vertrag gewährte Deckung einbezogen (Maier in Stiefel/Maier § 86 Rn. 16). Ob es sich bei dem Fahrer um eine mitversicherte Person handelt, ist im Übrigen davon unabhängig, ob es sich um einen berechtigten oder um einen unberechtigten Fahrer handelt.
(2) Außerdem setzte eine Haftungsbeteiligung Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit voraus. Nur das hätte die Beklagte nach einem Ausgleich des Schadens auch der Versicherungsnehmerin entgegen halten können. Für vorsätzliches Handeln bietet der Sachverhalt keine Anhaltspunkte. Es bestehen zudem zumindest Zweifel am Vorliegen grober Fahrlässigkeit. Nach dem festgestellten Sachverhalt kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger den Kanister selbst auf die Ladefläche gestellt hat. Als Fahrzeugführer wäre er allerdings zur Sicherung des Kanisters verpflichtet gewesen. Voraussetzung für die Annahme grober Fahrlässigkeit wäre aber wohl, dass er zumindest Anhaltspunkte dafür hätte haben müssen, dass sich ein Ölkanister auf der Ladefläche befunden hat. Solche sind nicht ersichtlich. Die Beklagte behauptet selbst, dass der Transport eines derartigen Kanisters gar nicht vorgesehen war.
ff) Ein geringerer Anspruch ergibt sich auch nicht aus den durch den BGH (dazu z.B. BGH 13. Juli 1988 – IVa ZR 55/87 – NJW 1988, 2734) zur Verteilung der Haftung im Innenverhältnis der Gesamtschuldner (Halter/Fahrer/Versicherer) entwickelten Grundsätze.
(1) Danach ist der Schaden unter den Gesamtschuldnern nach den in § 254 BGB genannten Kriterien zu verteilen. Ist der Versicherer sowohl gegenüber dem Fahrer als auch dem Halter deckungspflichtig, so trägt er den Schaden allein. Ist er gegenüber beiden leistungsfrei, ist der Schaden von den Versicherten allein zu tragen, und zwar nach Maßgabe des § 254 BGB; der Versicherer kann daher gegen beide Haftpflichtige Rückgriff nehmen, und zwar gegenüber jedem in Höhe der Quote, die sich aus § 254 BGB ergibt. Ist der Versicherer nur gegenüber dem Halter, nicht aber gegenüber dem Fahrer zur Gewährung von Versicherungsschutz verpflichtet, so ist zunächst zu ermitteln, wie der Schaden im Verhältnis zwischen Halter und Fahrer gemäß § 254 BGB zu verteilen ist. Der Versicherer hat nur die Quote zu übernehmen, die auf den Halter entfällt; hinsichtlich der Quote des Fahrers kann er gegen diesen Rückgriff nehmen.
(2) Nach dem oben Ausgeführten ist die Beklagte sowohl der damaligen Arbeitgeberin des Klägers als Halterin wie auch dem Kläger als Fahrer zur Gewährung des Versicherungsschutzes verpflichtet. Sie trägt also den Schaden allein.
gg) Die Voraussetzungen für einen Haftungsausschluss nach § 103 VVG liegen nach den Ausführungen unter ee) ebenfalls nicht vor. Es gibt keine Anhaltspunkte für vorsätzliches Handeln des Klägers.
2) Die Ausführungen zu 1) machen zudem deutlich, dass die Rechtskraft des die Klage gegen die frühere Arbeitgeberin abweisenden Urteils des Arbeitsgerichts für die Entscheidung gegen die Beklagte als Versicherer keine Folgen zeitigt, gerade auch nicht im Rahmen einer Vorfrage. § 124 VVG betrifft andere Sachverhalte.
3) Für die Zeit ab dem 22. Juni 2012 stehen dem Kläger die geltend gemachten Zinsen nach § 291, § 288 Abs. 1 BGB zu. Einen weiter gehenden Zinsanspruch hat der Kläger nicht begründet.
III. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits nach § 91 Abs. 1 ZPO zu tragen.
IV. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision liegen nicht vor.