Gericht | OVG Berlin-Brandenburg 7. Senat | Entscheidungsdatum | 05.08.2014 | |
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Aktenzeichen | OVG 7 M 19.14 | ECLI | ||
Dokumententyp | Beschluss | Verfahrensgang | - | |
Normen | § 25 Abs 5 AufenthG, § 33 Abs 1 Nr 2 BeschV |
Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts Potsdam vom 26. März 2014 wird zurückgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.
Die Beschwerde des Klägers gegen die erstinstanzliche Versagung von Prozesskostenhilfe hat keinen Erfolg. Die Annahme des Verwaltungsgerichts, dass die Klage keine hinreichende Aussicht auf Erfolg im Sinne des § 166 VwGO i.V.m. § 114 ZPO biete, ist nicht zu beanstanden.
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht erkannt, dass nur eine ganz entfernte Erfolgsaussicht für die Begehren des Klägers besteht, eine Zustimmung zur Ausübung einer Beschäftigung nach § 32 BeschV und die Aufhebung des in seiner Duldung angebrachten Vermerks „Erwerbstätigkeit nicht gestattet“ zu erlangen, weil diesen Begehren § 33 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 BeschV entgegenstehe.
Zutreffend geht der Kläger mit dem Verwaltungsgericht davon aus, dass eine mangelnde Mitwirkung bei der Passbeschaffung - wie bei § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4 AufenthG - einen Versagungsgrund nach § 33 BeschV darstellen kann (s. hierzu: OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 9. August 2013 - 3 M 39.13 -, juris Rn. 4 ff. m.w.N.). Soweit er sich unter Bezugnahme auf den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Nordrhein-Westfalen vom 18. Januar 2006 - OVG 18 B 1772/05 - (juris Rn. 59) darauf beruft, eine Versagung der Ausübung der Beschäftigung setze voraus, dass die fehlende Mitwirkung bei der Passbeschaffung kausal dafür sei, dass die aufenthaltsbeendende Maßnahme nicht vollzogen werden könne, zeigt er schon nicht auf, dass ein anderer Maßstab als derjenige der Zumutbarkeit i.S.d. § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG gelten soll. Der Begriff der Zumutbarkeit in § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG schließt lediglich aus, einem Ausländer von vornherein erkennbar aussichtslose Handlungen abzuverlangen. Im Übrigen ist über die Zumutbarkeit unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles zu entscheiden (OVG Berlin-Brandenburg, Urteil vom 18. Dezember 2012 - OVG 3 B 18.11 -, juris Rn. 31 m.w.N.). Das Oberverwaltungsgericht Nordrhein-Westfalen bejaht in Randnummer 61 der von dem Kläger angeführten Entscheidung die Kausalität der mangelnden Mitwirkung indes, wenn kein Anhalt dafür besteht, dass aufenthaltsbeendende Maßnahmen aus anderen als von dem Ausländer zu vertretenden Gründen nicht vollzogen werden können. Unabhängig davon schließt sich der Senat der Ansicht des 3. Senats des Oberverwaltungsgerichts Berlin-Brandenburg in dem genannten Beschluss vom 9. August 2013 an, der zufolge jedenfalls im Hinblick auf Passbeschaffungsbemühungen kein Unterschied zu dem Zumutbarkeitserfordernis des § 25 Abs. 5 Satz 4 AufenthG besteht.
Entgegen dem Beschwerdevorbringen ist es für staatenlose Palästinenser aus dem Libanon mit überwiegender Wahrscheinlichkeit nicht von vornherein erkennbar aussichtslos, ein Laissez-Passer als Heimreisedokument zu erlangen (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2013 - OVG 7 M 56.13 -, nicht veröffentlicht; Urteil vom 8. Dezember 2010 - OVG 3 B 12.09 -, nicht veröffentlicht; Urteil vom 14. September 2010 - OVG 3 B 2.08 -, juris Rn. 40 ff.). Die von dem Kläger zum Beleg des Gegenteils vorgelegten Formulare der libanesischen Botschaft über die erforderlichen Dokumente zur Beantragung oder Verlängerung eines Document de Voyage (DDV) aus den Jahren 2011 und 2012 besagen hierüber bereits deshalb nichts, weil es nicht um ein DDV, sondern um ein Laissez-Passer geht. Bezogen auf ein Laissez-Passer als Heimreisedokument hat der 3. Senat des erkennenden Gerichts in dem vorgenannten Urteil vom 14. September 2010 festgestellt, dass es im dritten Stock des Botschaftsgebäudes eine gesonderte Stelle gebe, die für die Ausstellung eines Personaldokuments für Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit ohne deutschen Aufenthaltstitel zuständig sei. Dort werde ein besonderes Antragsformular mit der Bezeichnung „Beantragung eines Rückreisedokuments für eine sich illegal in Deutschland aufhaltende Person“ vorgehalten. Umstände, die diese Erkenntnisse durchgreifend in Frage stellen, sind weder dargetan noch sonst ersichtlich. Das von dem Kläger eingereichte Formular „Erforderliche Dokumente zur Beantragung oder Verlängerung eines Laissez-Passer für Personen, deren Staatsangehörigkeit ‚à l’étude‘ (unter Studium) ist“ mit dem Stand August 2012, betrifft zwar auch Personen ungeklärter Staatsangehörigkeit palästinensischer Volkszugehörigkeit. Auch ist nach dem Formular, das in insoweit unveränderter Fassung mit dem Stand Januar 2014 über die Homepage der Botschaft abrufbar ist, die Vorlage eines gültigen Aufenthaltstitels für Deutschland oder eine Bescheinigung der zuständigen Ausländerbehörde erforderlich, die bestätigt, dass bei Vorlage eines gültigen Laissez-Passer ein Aufenthaltstitel erteilt wird. Dieses Erfordernis wurde jedoch bereits in den Merkblättern aufgeführt, die im Zeitpunkt des Urteils des 3. Senats vom 14. September 2010 galten. Darüber hinaus wird in dem angefochtenen Beschluss unter Bezugnahme auf den vorstehenden Beschluss des 7. Senats vom 16. Dezember 2013 zutreffend darauf hingewiesen, dass die Botschaft des Libanon Berlin auf Anfrage des Verwaltungsgerichts Berlin diesem mit Schreiben vom 18. November 2013 mitteilte, es sei für im Bundesgebiet geduldete Palästinenser aus dem Libanon möglich, einen Antrag auf Ausstellung eines Ausreisedokuments anlässlich einer persönlichen Vorsprache in der entsprechenden Abteilung der Botschaft des Libanon zu stellen. Nach alledem ist davon auszugehen, dass die libanesische Botschaft - wie bereits im Jahr 2010 - besondere Formulare für geduldete palästinensische Volkszugehörige ungeklärter Staatsangehörigkeit vorhält, mit denen bei persönlicher Vorsprache ein Antrag auf Ausstellung eines Laissez-Passer gestellt werden kann.
Einen derartigen Antrag hat der bereits erstinstanzlich anwaltlich vertretene Kläger trotz Kenntnis des Urteils des 3. Senats vom 14. September 2010 a.a.O. und den dieses Urteil bestätigenden Beschluss des 7. Senats vom 16. Dezember 2013 a.a.O. nicht gestellt. Entgegen seiner Ansicht war er hiervon auch nicht deshalb entbunden, weil ein solcher Antrag im Ergebnis keine Erfolgsaussichten haben könnte. Soweit er sich auf die Feststellung des Verwaltungsgerichts Berlin in dessen Urteil vom 25. August 2011 - VG 35 K 201.11 - (juris Rn. 19) beruft, seit 2010 sei bundesweit kein Fall einer gelungenen freiwilligen Rückkehr staatenloser Palästinenser dokumentiert, ist schon nicht erkennbar, wie sich die Praxis des Libanon seit Sommer 2011 entwickelt hat. Zudem ist gegen dieses Urteil die Berufung wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit zugelassen worden (OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 16. Dezember 2013 a.a.O. unter Bezugnahme auf den Zulassungsbeschluss vom 7. Februar 2012 - OVG 3 N 210.11). Schließlich wäre es kaum nachvollziehbar, dass, wie aufgezeigt, die libanesische Botschaft auf gerichtliche Anfrage ausdrücklich die Möglichkeit einer Ausstellung eines Laissez-Passer bestätigt, wenn dieses die Rückkehr ermöglichende Dokument tatsächlich nicht erhältlich wäre und die Ausreise nicht ermöglichte. Angesichts dessen sind die Aktivitäten des Klägers zur Vorbereitung einer Rückkehr in den Libanon der Jahre 2000, 2008, 2011 und 2012 nicht ausreichend. Abgesehen davon, dass diese sporadischen und teilweise nicht auf Eigeninitiative des Klägers beruhenden Bemühungen Jahre zurückliegen, war es dem Kläger aus den dargelegten Gründen zumutbar, bei einer persönlichen Vorsprache mittels des für geduldete Staatenlose vorgehaltenen besonderen Formulars einen Antrag auf Ausstellung eines Laissez-Passer zu stellen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, § 127 Abs. 4 ZPO. Einer Streitwertfestsetzung bedarf es wegen der gesetzlich bestimmten Festgebühr nicht.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO).